heute in bremen: „Wir sind für eine europäische Lösung“
Adam Kerpel-Fronius, 44, ist Gründer der Berliner Ortsgruppe von Momentum.
Interview Stefan Simon
taz: Herr Kerpel-Fronius, was steckt hinter der Momentum-Bewegung?
Adam Kerpel-Fronius: Momentum ist eine junge Partei aus Ungarn, die vor zwei Jahren gegründet wurde. Wir sind pro-europäisch, bekennen uns zur liberalen Demokratie und zu den europäischen Werten.
Momentum tritt bei der Europawahl an. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Bei den aktuellen Umfragen liegen wir bei sechs Prozent. Das ist für ungarische Verhältnisse total gut. Wir müssen unter sehr schwierigen Bedingungen Wahlkampf führen. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind reine Propagandasender der Regierung. Für die Opposition gibt es kaum Plätze für das Aufhängen oder Aufstellen von Wahlplakaten. Deshalb sprechen wir die Menschen direkt an und klopfen bei ihnen an die Haustür.
Sie bezeichnen sich als pro-europäisch und grenzen sich klar von der regierenden Fidesz-Partei ab, die einen nationalistischen Kurs fährt, vor allem in der Migrationspolitik. Dennoch sind auch Sie für die Absicherung der Grenzen. Warum?
Wir sind für eine europäische Lösung in der Flüchtlingsfrage und für eine Stärkung der Außengrenzen der EU, von denen eben auch Ungarn welche hat.
Ist das nicht ein Widerspruch?
Nein. Wir sind für die Kontrolle der EU-Außengrenzen und gleichzeitig für einen humanen Umgang mit Flüchtlingen. Wir wenden uns entschieden gegen die Hasspropaganda und die Angstmacherei, die in Bezug auf sie geschürt wird. Wir sind gegen einen nationalistischen Alleingang.
Diskussion „Europa vor der Wahl – Ein Gesprächsabend über die Lage der EU und die Situation in Ungarn“: 19 Uhr, Presse-Club, Schnoor 27/28
Momentum ist europaweit aktiv. Wie kam es dazu?
Bei uns engagieren sich viele junge Menschen. Der Parteivorsitzende András Fekete-Győr wurde vor kurzem 30 Jahre. Das sagt viel über die Bewegung aus, denn es engagieren sich viele, die um 1990 herum geboren sind. Hinzu kommt, dass viele Ungarn im Ausland leben und sich vernetzen möchten. In Deutschland sind die wichtigsten Städte Berlin und München, europaweit Brüssel und London.
Abgesehen von der pro-europäischen Ausrichtung: Wie lässt sich Momentum politisch einordnen?
Wir sind Mitglied bei der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa. Wir sehen uns als moderne Zentrumspartei, welche lösungsorientiert arbeitet und das Denken in Kategorien wie Links und Rechts überwinden will. Für uns sind Marktwirtschaft, Sozialstaat und Nachhaltigkeit kein Widerspruch. Wichtig für uns ist, dass die Korruption konsequent bekämpft wird und die Gelder, die Ungarn von der EU erhält, kontrolliert ausgegeben und gezielt in Bildung und Gesundheit investiert werden.
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