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Rahmenterminkalender im FußballKaffee, Kuchen und Frauenfußball

Bei der Terminplanung im Fußball haben die Männer Vorrang. Nicht einmal die WM der Frauen im Sommer ist frei von männlicher Konkurrenz.

Die deutsche Torhüterin Carina Schlüter im Aufwärmtraining Foto: dpa

Frauenfußball boomt. Manchmal. Als die deutsche Auswahl in der vergangenen Woche in Schweden mit 2:1 gewonnen hat, waren fast 26.000 Zuschauer im Stadion von Solna. Beim Spiel gegen Vizeweltmeister Japan am Dienstag war von einem Boom wenig zu spüren. Keine 5.000 Leute sahen das 2:2 im Stadion von Paderborn.

Vielleicht kein Wunder bei der Anstoßzeit um 16 Uhr. Aber so konnte das Spiel wenigstens im TV gezeigt werden, ohne dass man beim ZDF in das Abendprogramm eingreifen musste. Nun ja, es ist eben Frauenfußball. Der kommt schon noch zu seinem Recht in diesem Jahr, möchte man meinen. Bei der WM vom 7. Juni bis zum 7. Juli werden ja wohl die Frauen Vorrang genießen. Denkste! Die Frauen-WM wird gerade begonnen haben, da drängelt sich der Männerfußball schon wieder in die erste Reihe.

Der Spielplan der WM weist gleich am ersten Turniersonntag eine Leerstelle auf. Am eigentlich üblichen Abendtermin um 21 Uhr wird an diesem Tag kein Spiel angepfiffen. Dafür müssen die Italienerinnen schon mittags um 13 Uhr gegen Australien spielen. Der Abend ist reserviert für die Männer. An diesem Sonntag findet in Porto das Finale der Uefa Nations League statt. Cristiano Ronaldo und Harry Kane könnten sich im Finale gegenüberstehen. Doch das ist nicht das einzige Männerländerspiel in diesen ersten WM-Tagen.

Das liegt am Rahmenterminkalender für internationale Begegnungen, die der Internationale Fußballverband Fifa zu verantworten hat. Und da haben die Männer Vorrang. Die Uefa hat auf Anfrage mitgeteilt, dass der Spielkalender für die Männer schon vor Jahren festgelegt worden sei, derjenige der Frauen aber erst vor gut einem Jahr. Als die Frauen-WM terminiert worden ist, stand also schon lange fest, dass in der Woche vom 3. bis zum 11. Juni zwei Länderspieltermine der Männer eingeplant sind.

Und so kommt es, dass die deutschen Männer am selben Tag spielen wie die deutschen Frauen. Joachim Löws Burschen hätten um ein Haar am 8. Juni auch noch zur selben Uhrzeit ihr EM-Qualifikationsspiel in Weißrussland gespielt wie die Frauen ihr erstes WM-Spiel gegen China. Erst nach der Auslosung wurde der Spieltermin der Frauen von 21 Uhr auf 15 Uhr vorverlegt.

Männer planen bis 2022

Deutsche Interessen hätten dabei keine Rolle gespielt, versichert man beim DFB. China, der Gegner der deutschen Frauen, sei treibende Kraft bei der Terminverlegung gewesen. Das kann durchaus sein. Der chinesische Fifa-Großsponsor Wanda will bei der Frauen-WM besonders sichtbar sein, und ein Anpfiff zu deutscher Kaffee- und Kuchenzeit läutet in China ein Spiel zur besten Sendezeit um 21 Uhr ein.

Die Interessen der Frauen spielen beim Terminbingo keine Rolle

Warum die deutschen Männer an jenem Samstag in Konkurrenz zu den Frauen des eigenen Verbands treten, will in den Verbänden selbst keiner so ganz genau erklären. Die Uefa-eigene Agentur CAA Eleven kümmert sich um die weltweite Vermarktung der Spiele und damit auch ihre genaue Terminierung. Um besondere Bedürfnisse kleinerer Interessengruppen schert sie sich nicht. Zu denen gehören offenbar die Frauen.

Aber auch die Fußballfans in Weißrussland spielen bei der Terminvergabe durch die Uefa-Agentur keine Rolle. Das EM-Quali-Spiel der Männer in Borissow wird um 20.45 Uhr deutscher Zeit angepfiffen. In Weißrussland ist es da schon eine Stunde später. Die Fans müssen bis kurz vor Mitternacht im Stadion bleiben, damit die Fernsehkunden in Zentraleuropa sich zur besten Fußballzeit vor die Kiste setzen können.

Die Männer wissen übrigens schon, dass in der Woche vom 19. bis zum 27. September des Jahres 2022 zwei Länderspieltermine eingeplant sind. Der Rahmenkalender der Frauen, den der Verband verschickt hat, endet dagegen mit zwei Spielterminen im November 2019.

Und wenn es Kollisionen mit den kickenden Männern geben sollte – ein schöner Nachmittagstermin lässt sich immer finden.

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2 Kommentare

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  • Es interessiert sich kaum jemand für Frauenfußball. Da würde auch eine Quote oder ein Equal pay nichts daran ändern. Das ist einfach so und das Interesse kann man auch nicht herbeischreiben, die Bemühungen haben schon etwas Verzweifeltes an sich.

    Ich frage mich aber, warum man das nicht einfach mal hinnehmen kann. Für 90 % aller Frauen, die ich kenne, ist Fußball ein No-Go, und Frauenfußball erst recht. Dann bleibt es eben eine Nischensportart wie Synchronschwimmen. Die Welt geht davon nicht unter.

  • Auf dem Foto das ist Carina Schlüter vom SC Sand und nicht Almuth Schult. Wahrscheinlich nur ein Versehen. Liebe Grüße

     

    Danke für den Hinweis, ist geändert. Die Moderation