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Thüringens Ministerpräsident in VietnamRamelow hält die Klappe

Der Linken-Politiker reist mit Unternehmern durch Vietnam. Die Deutsche Botschaft freut sich. Aber kritische Themen spart Ramelow aus.

Bodo Ramelow (links) betrachtet in Vietnam eine heilige Schildkröte Foto: dpa

Hanoi taz | „Transformation“ lautet das Thema der Veranstaltung an der Parteihochschule Hanoi am Mittwoch. Der Referent zieht Vergleiche zwischen der Entwicklung Vietnams und Ostdeutschlands in den letzten 30 Jahren und erläutert die Vorzüge unternehmerischer Freiheit. Die Zuhörer, Professoren und Mitarbeiter der Kaderschmiede, schreiben aufmerksam mit. Der Referent kommt gut an. Sein Name: Bodo Ramelow.

Wer erwartet hat, das ein linker Ministerpräsident auch ein paar Worte zum Thema der bürgerlichen Freiheiten fallen lässt, wird enttäuscht. Mit denen ist es in dem autoritär regierten Land nicht weit her. Wer sich mit der Kommunistischen Partei anlegt, wird aus dem Land geekelt oder verhaftet. Amnesty berichtet über Fälle von Folter in Gefängnissen.

Aber egal. „Ich trete nicht als Erziehungsberechtigter auf“, sagt Ramelow der taz. Seine Aufgabe sei es vielmehr, Türen zu öffnen.

Sechs Tage tourt Ramelow durch das ostasiatische Land, gemeinsam mit gut 70 Unternehmern. Er hat eine doppelte Mission. Zum einen will er dringend benötigte Azubis und Fachkräfte nach Thüringen holen und Wirtschaftskontakte nach Vietnam ausbauen. Zum anderen soll er das deutsch-vietnamesische Verhältnis, welches seit der Entführung eines vietnamesischen Ex-Politikers aus Deutschland vor zwei Jahren leidet, wieder glätten helfen.

Für Diplomaten ein „Betriebsunfall“

Diese „Betriebsunfall“, wie es in Diplomatenkreisen heißt, führte dazu, dass die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern gestoppt wurde. Auch die eigentlich schon im vergangen Jahr geplante Reise der Thüringer musste um ein Jahr verschoben werden. Blöd gelaufen, wo doch Deutschland der größte Handelspartner Vietnams in der EU ist.

Nachdem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im März vorbeikam, ist nun Ramelow auf Freundschaftsreise. Und siehe da: Kaum ein Minister, der ihm nicht die Hand schüttelt – der Thüringer Landeshäuptling wird empfangen, als sei er die Kanzlerin. Bei allen legt sich Ramelow für die deutsch-vietnamesische Freundschaft ins Zeug, lobt die Gastfreundschaft und die rasante Entwicklung des Landes. Die Botschaft: Lasst uns gemeinsam nach vorn schauen.

Die Charmeoffensive zeigt Erfolg. „Die deutsch-vietnamesischen Beziehungen haben wieder Tritt gefasst“, sagt der deutsche Botschafter Christian Berger in Hanoi, als er Ramelow samt Tross in seiner Residenz empfängt. „Der Besuch aus Thüringen hat dazu ganz maßgeblich beigetragen.“

Entzückte Unternehmer

Auch viele Wirtschaftsvertreter sind entzückt. Der Hanoier Bürgermeister hat dem Thüringer Ministerpräsidenten am Montag eine Sonderwirtschaftszone zugesagt. Ein Areal in der Nähe des Flughafens soll für Thüringer Unternehmen reserviert sein, die hier Dependancen errichten können.

Peter Busch, Geschäftsführer der Intercus GmbH, einer Firma für medizinische Implantate ist verblüfft. Er hatte Ramelow eigentlich gebeten, doch mal zu fragen, ob noch ein Eckchen in Hanoi frei wäre. Seit zehn Jahren importiert seine Firma schon nach Vietnam, nun soll hier auch produziert werden. Busch dachte an einen halben Hektar. Hanoi versprach Ramelow nun die dreihundertfache Fläche. Das sei eine Riesenchance, sagt Berger. „Deutlicher kann ein Land eigentlich nicht sagen: Ihr seid hier willkommen.“

Noch wichtiger für die Thüringer ist, dass sie künftig gezielter Azubis aus Vietnam rekrutieren können. Über ein Modellprojekt wurden schon etwa 130 Jugendliche als angehende Verfahrenstechniker nach Schmalkalden oder als Polsterer nach Springstille vermittelt. 1.000 sollen es künftig sein.

„Wir haben schon deutlich mehr erreicht, als wir gehofft haben“, sagt Ramelow. Die traditionell guten Kontakte zur Kommunistischen Partei sind sicher hilfreich. Aber auch, dass der Politiker den Rat beherzigt, den die Thüringer Entwicklungsgesellschaft Geschäftsreisenden in ihrem „Business-Knigge Vietnam“ ans Herz legt: „Heikle Themen wie Politik, Armut in Vietnam und Umgang mit Dissidenten sollten vermieden werden.“

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10 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was lernen wir daraus, wenn sich die Behauptungen als Wahrheit herausstellen, Ramelow übe sich in Vietnam im gepflegten Schweigen?

    Es war schon immer etwas Anderes, ob eine Partei Opposition spielt oder in Regierung dilettiert. 'Die Linke' ist da in Gesellschaft aller anderern bürgerlichen Parteien.

    So what? Geplatzte Seifenblasen?

  • Nach dem "Betriebsunfall Kashoggi" lebt der Waffenhandel mit Saudi-Arabien munter wieder auf.



    So what?

  • 9G
    94023 (Profil gelöscht)

    Warum keine Rede von Agent Orange bzw. Dioxin der US-Amerikanischen Armee bzw. Monsanto, dass seit dem Vietnamkrieg die Menschen noch bis heute und vermutlich auch bis weit in die Zukunft dort vergiftet und verkrüppelt? Eine sehr gute, ganz aktuelle Nachricht aber wenigstens: Vietnam hat in diesen Tagen das, auch von Monsanto ersonnene, jetzt von Bayer vertriebene, Allgemeingift "Glyphosat" verboten. Vorbildlich!

    • @94023 (Profil gelöscht):

      Wieso sollte man bei einer Reise eine Ministerpräsidenten, bei dem er sich eher als Wirtschaftslobbyist benahm, Agent Orange benennen? Das ist ja schließlich kein Portrait über die Geschichte Vietnams.

      • 9G
        94023 (Profil gelöscht)
        @sart:

        Es gint in dem Artikel auch um "Kritische Themen". Wenn ein Thema in Vietnam besonders kritisch ist, dann betrifft es die Nachwirkungen des Dioxins.

        • @94023 (Profil gelöscht):

          Und in welchem Rahmen hätte Ramelow das ansprechen sollen oder können?

          "Vietnam sollte auf die Einhaltung der Menschenrechte achten. Aber Dioxin ist ja auch ein Problem. Und bitteschön keine Leute mehr aus Deutschland entführen."

          Wäre das Ihre Vorstellung, um Ihren Whataboutismus unterzubringen?

          • 9G
            94023 (Profil gelöscht)
            @sart:

            so ähnlich hätte ich mir das gewünscht, ja! Ihre Polemik können sie sich aber getrost sparen, da sie mich nicht im geringsten trifft.

            • @94023 (Profil gelöscht):

              Ich benutze Polemik nicht, um zu treffen, sondern um die Unsinnigkeit einer Forderung zu unterstreichen.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ist das denn bei Besuchen deutscher Politikerinnen und Politiker in anderen Ländern anders? Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, aber gibt es kritische Äußerungen in China oder im Iran? Oder in einer anderen Diktatur.

    Nur Gabriel meinte sich in Israel mit Breaking The Silence treffen zu müssen. Das ist so als würde sich Netanjahu bei einem Deutschlandbesuch erst mit dem Autonomen Plenum Göttingen treffen.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      "Ist das denn bei Besuchen deutscher Politikerinnen und Politiker in anderen Ländern anders? Ich lasse mich gern eines Besseren belehren, aber gibt es kritische Äußerungen in China oder im Iran? Oder in einer anderen Diktatur."

      Zumindest zu China meine ich mich durchaus zu erinnern, dass immer wieder auch von deutschen Politikern die Menschenrechtslage angesprochen wird.

      Wenn auch natürlich nur pro forma und am Rande.