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Polizeikosten bei FußballspielenRichter lassen die Liga zahlen

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Das Bremer Gesetz zu Polizeikosten bei Fußballspielen ist rechtmäßig.

Wer zahlt, wenn hunderte zusätzliche Polizisten bei einem Risikospiel eingesetzt werden? Foto: dpa

Leipzig taz | Bremen hat den Rechtsstreit gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im Wesentlichen gewonnen. Die DFL muss für Hochrisikospiele der Bundesliga in Bremen grundsätzlich Gebühren bezahlen. Das Bremer Gesetz verstoße nicht gegen Bundesrecht, entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Seit 2014 können nach einer Gesetzesänderung in Bremen die Zusatzkosten für gewinn­orientierte Großveranstaltungen (über 5.000 Teilnehmer), die erfahrungsgemäß zu Gewalttätigkeiten führen, dem Veranstalter in Rechnung gestellt werden. Für ein Spiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV im April 2015 verlangte das Land von der DFL 425.000 Euro. Die klagte gegen den Gebührenbescheid. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung musste nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

Die DFL hielt schon das Bremer Gesetz für verfassungswidrig, scheiterte nun aber mit diesem Einwand. Die Gebührenregelung sei gerechtfertigt, weil die Polizei hier eine besondere Leistung erbringe, die sich von der allgemeinen Gefahrenabwehr abgrenzen lasse, betonte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier. Die Gebühr werde nicht bei allen Bundesligaspielen verlangt, sondern nur bei Hochrisikospielen. Die DFL müsse auch nicht die gesamten Polizeikosten bezahlen, sondern nur die Mehrkosten. Beim fraglichen Spiel Bremen gegen Hamburg waren 969 Beamte im Einsatz statt wie üblich 150.

Der Veranstalter müsse die Gebühr nicht zahlen, weil er die Sonderleistung der Polizei verursacht hat, sondern weil er einen „Sondervorteil“ hat, so Richter Bier. Er brauche und erhalte bei Hochrisikospielen eine besonders aufwändige Sicherheitsvorsorge. Sonst bestünde etwa das Risiko, dass Zuschauer nicht zum Stadion kommen oder dass das Spiel sogar abgesagt werden müsse.

Richter Bier räumte ein, dass die Gebühren eine „beträchtliche“ Höhe erreichen können. Sie seien aber in der Ersten Bundesliga „nicht unverhältnismäßig“. In der dritten und vierten Liga oder bei sonstigen Sport- und Kulturereignissen könne das Bremer Gesetz „einschränkend ausgelegt“ werden.

Nur wegen eines Details wurde der Prozess an das Gericht in Bremen zurückverwiesen

Das Leipziger Gericht billigte auch, dass die Bremer Polizei die Gebühren von der DFL verlangte und nicht vom örtlichen Verein Werder Bremen. Wenn eine Veranstaltung mehrere Veranstalter habe, könne die Polizei nach Bremer Recht frei wählen, wen sie in Anspruch nehme.

Nur wegen eines Details wurde der Prozess an das Oberverwaltungsgericht Bremen zurückverwiesen. Die Kosten, die von einzelnen Störern zurückverlangt werden können, darf die Polizei nicht der DFL in Rechnung stellen. Es geht hier aber wohl nur um wenige Prozent der Gesamtsumme.

Auslöser: Bremer und Hamburger Fans treffen 2015 auf dem Bremer Bahnhof aufeinander Foto: dpa

Es dauert also noch einige Monate. Die DFL und die anderen Bundesländer haben damit Zeit gewonnen. DFL-Präsident Reinhard Rauball sagte nach dem Leipziger Urteil, er werde zunächst das Bremer Verfahren abwarten und dann mit den Vereinen das weitere Vorgehen beraten. Erst dann will die DFL auch entscheiden, ob sie gegen die Urteile noch das Bundesverfassungsgericht anruft. Jedenfalls werde sich die DFL die Polizeigebühren von Werder Bremen erstatten lassen – was aber vermutlich nur teilweise gelingen wird, da die DFL ja zweifellos Mitveranstalterin der Bundesliga ist.

Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) forderte die DFL auf, sofort mit Gesprächen zu beginnen. Er schlägt einen Fonds für Polizeikosten vor, in den alle Vereine unabhängig von der Gesetzeslage vor Ort einzahlen, „damit wir keine Wettbewerbsverzerrungen bekommen“.

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14 Kommentare

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  • Die Fotos sind echt grauenvoll, vor allem das untere. Sind das Hitlergrüße?! Im Angesicht der Polizei??? Ich bin sprachlos. In mehrerlei Hinsicht... Ich mag Fußball und verfolge ihn, gehe aber nicht in die Stadien. Muss echt sagen, *solche* Fans sollte sich kein Verein mehr leisten können!!! Es muss einfach unerschwinglich teuer für die Vereine sein, solche Schlurche und Faschos im Gefolge zu haben -- ich würde ihnen auch noch die Kosten der Stadtreinigung aufbrummen, wenn möglich!!!

  • Gibt es für das von der DFL gezahlte Geld dann eigentlich eine Zweckbindung?

    • @danny schneider:

      Zweckbindung wäre extrem unlogisch und unvernünftig. Es geht ja nicht um Steuern die im voraus zu zahlen wären, sondern um nachträgliches Ersetzen von bereits entstandenen Kosten.

      Einfacher ausgedrückt:



      Das Land hatte X Euro Steuergeld zur Verfügung.



      Davon sollte eigentlich ein Betrag von Y für die Polizei ausgegeben werden.



      Die DFL hat nun verursacht, dass stattdessen Kosten in Höhe von Y + 425.000 € entstanden sind.



      Diese 425.000 mussten irgendwo her kommen - sie wurden aus einem anderem Topf 'gestohlen', beispielsweise dem für Schulsanierungen.

      Dank des Urteils bekommt das Land die 425.000 € nun zurück, und kann das Geld doch wieder für den eigentlichen Zweck - beispielsweise Schulsanierungen - einsetzen.

      • @kleinalex:

        Schon der große Herrmann Heller -

        Einst Kronjurist der Sozialdemokratie



        (dort alllängst vergesse - & wie!;((



        Merkte einst an:



        “Was gibt es materielleres - als das Haushaltsgesetz?!“



        (weswegen das EU-Parlament von KA



        als - Hinkendes - eingestuft wird!



        Zu recht. Angesichts der Fraktion/Regierungsverzahnung sind unsere leider ooch nich viel besser.



        Von den nur nominell d.h. sog. Kommunalparlamenten - mal ganz ab.)

        kurz - Volker - von dem ja alle Macht ausgeht;) - hat allen Grund das viel zu späte Urteil zu begrüßen & via abgeordneten.watch etc verschärft & insbesondere in den Hohen Häusern genauer hinzuschauen!



        Uns allen Masel tov & da geht noch was & viel. Newahr. Normal.



        “Kinder die nix wollen - kriegen auch nix.“ Wußte schon immer Volkers 👄 •

        Glück auf

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Richtig so. Wer im Rahmen seines Business Gefährdungen/Gefahrenquellen schafft oder in Kauf nimmt, muss für Eindämmung/Beseitigung sorgen. Kann der Veranstalter das nicht aus eigener Kraft, muss er diese Leistung eben kaufen. Wenn nötig vom Staat.

    • @97088 (Profil gelöscht):

      Volle Zustimmung! Hier wird ein gewinnorientiertes Geschäftsmodel betrieben und zahlen soll die Allgemeinheit.

  • Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer [..] schlägt einen Fonds für Polizeikosten vor, in den alle Vereine unabhängig von der Gesetzeslage vor Ort einzahlen [..]

    Das Mittelalter hat angerufen, es möchte seinen Ablasshandel zurück.

    Nein, ernsthaft, dass ist eine ganz ganz dumme Idee. Sie führt zu nichts anderem als der Einstellung, als Fußballverein habe man ein bezahltes Anrecht auf eine gewisse Menge an Gewalt. Die Bereitschaft der Vereine wie auch der DFL, selbst tätig zu werden, um Gewaltausbrüche zu vermeiden, würde langsam aber sicher ins Bodenlose fallen.

    Gerade die DFL könnte den Gewaltexzessen leicht ein Ende bereiten: Einfach 'nur' immer Geisterspiele anordnen für die Vereine, deren Fans sich nicht benehmen können. Jedes einzelne Mal. Und sofort gibt es von Seiten der meisten Protagonisten ein erhebliches Interesse daran, dafür zu sorgen, dass das aufhört. Fans wollen den Spielen zuschauen, Vereine wollen die Einnahmen aus den Eintrittskarten. Die wenigen, die sich einfach nur so prügeln wollen, stehen plötzlich ohne Fußball-Fans da, die wahlweise mit-prügeln oder die Gewalttäter vor Konsequenzen schützen.

    Stattdessen aber tätig werden, damit die Vereine sich die 'Gebühren' leisten können, das macht alles nur noch schlimmer als es jetzt schon ist.

  • Nu - wie zu erwarten stand (& m.E. viel zu spät) - bleibt dem Botschafter für Kinderlachen - uns aller Reinhardt vande Rauball&DFL - selbiges endlich bis auf weiteres im Halse stecken!

    unterm——btw mal Klartext -



    Denke mal - die mehr als offenkundige Interessen- &Personen/al-Verpflechtungen der Großkommunen mit ihren angestammten BalltreterVereinen - haben bisher -



    Was plan as plan can be - ist!



    (…jede schäbbige Sondernutzung kostet. Newahr - Normal & nichts anderes liegt hier vor!) aus Feigheit -



    Unausgeschöpft gelassen! •

    & (rechts)grundlos - Gleichbehandlung!



    Dess zu Lasten der Öffentlichen Hand - vulgo Bürger/Steuerzahler - Gelle.



    ”…Der Veranstalter müsse die Gebühr nicht zahlen, weil er die Sonderleistung der Polizei verursacht hat, sondern weil er einen „Sondervorteil“ hat, so Richter Bier.…“ Korrekt. Nothing else.



    ——



    de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Rauball

  • Ulrich Mäurer, Innensenator Bremen: "Auf der einen Seite sehen wir Jahr für Jahr die neuen Rekordergebnisse der DFL - inzwischen 4,4 Milliarden Euro Einnahmen für 2018. Bald wird die Fünf-Milliarden-Grenze geknackt sein. Auf der anderen Seite sehen wir die Probleme des Bundes und der Länder, mit Polizeieinsätzen weit über einer Million Stunden allein im Bereich des Profifußballs. Kosten, die zusammengenommen in dieser Spielzeit an die 150 Millionen heranreichen werden. Das zahlen alles die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Ich sehe auf dem Bild mindestens einen Hitlergruß. Könnte man diesen Typen bitte identifizieren und das zur Anzeige bringen? Merci.

    • @970 (Profil gelöscht):

      Allerdings sind weiter hinten im Bild auch Typen zu sehen, deren Hand zur Faust geballt und der Arm angewinkelt scheint. Ehemalige DDR-Bürger haben das noch in der Schule als den Gruß des „Roten Frontkämpferbundes“ (RFB), der kommunistischen Konkurrenz der Faschisten in der Weimarer Republik, gelernt. WIKIPEDIA schreibt: „Die angehobene und geschlossene Faust symbolisierte die „geballte Kraft der Arbeiterklasse“ und assoziiert daher auch Stärke und Widerstandsfähigkeit“. Würde mich nicht wundern, wenn es neuerdings auch „linke“ Hools gibt!

    • @970 (Profil gelöscht):

      Ach herrje, beruhigen Sie sich. Nicht jeder ausgestreckte Arm ist ein Hitlergruß.

      • @Kevin Dude:

        Also zumindest der ganz rechts auf dem Foto ist eindeutig.

        Nett, dass Sie ein so entspanntes Verhältnis zu Fußball-Nazis haben. Einen frohen Gauland wünsche ich.

        • 9G
          970 (Profil gelöscht)
          @Sven2000:

          Merci.