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Kolumne PsychoGlück ist heute und samstags

Am Mittwoch ist Weltglückstag. Aber was ist eigentlich Glück, habe ich meine Freunde gefragt. Spoiler: Sex kam in keiner Antwort vor.

Glück ist auch, wenn sich der Himmel nach einem Regentag plötzlich rosa färbt Foto: privat

G lück ist der erste Löffelhieb in die harte Schicht einer Crème Brulée. Jedenfalls für mich – aber wie ist das bei den anderen? Aus Neugierde habe ich diese Frage meinen Freundinnen und Freunden auf Facebook gestellt, in der Hoffnung, eine Art Glücksformel zu finden, etwas, das sich wie ein roter Faden durch alle Antworten hindurchzieht. Tja, was soll ich sagen. Wenn es so einfach wäre, wäre ich längst reich. Interessant sind die Antworten dennoch.

Zusammengefasst lässt sich nämlich folgendes feststellen: Glück ist heute und samstags, Glück ist morgen und manchmal in der 95. Minute, Glück ist Essen und Trinken, Glück ist ein kalter See und eine heiße Dusche, Glück sind erste Male und Dinge, die täglich geschehen, Glück sind Menschen und Tiere, Natur und Musik, Glück ist Alleinsein und Zusammensein, Glück ist frisch gewaschene Bettwäsche, einen Lauf haben und sicher landen, Glück ist das Glück im Unglück und das Fernbleiben von Leid.

Nicht nur kann man an den meisten Antworten ganz deutlich die verschiedenen Lebenssituationen und Sehnsüchte ablesen, man kann auch zusammenfassen, dass man Glück nicht zusammenfassen kann. Vielleicht liegt genau darin der Reiz. Und weil die Antworten so schön waren, habe ich mich entschieden, sie hier aufzulisten. Als Hilfestellung an Tagen, die derart mies sind, dass man nicht mal mehr eine Vorstellung davon hat, was Glück eigentlich sein kann.

Spoiler: Sex kommt nicht vor, kein einziges Mal. Dafür kam kurz vor Redaktionsschluss noch eine vorerst letzte Antwort: Liebe.

Was macht dich glücklich?

1. Das erste Bier im Frühling, wenn nach dem Feierabend noch die Sonne scheint.

2. Die erste halbe Wassermelone des Jahres auslöffeln. Alleine.

3. Die erste Dusche nach dem Festival.

4. Ruhe. Und ein Glas Rotwein. Und dazu ein, zwei Freunde und ein gutes Gespräch und eine Zigarette. Dann ist wieder nix mit der Ruhe. Ich stehe mir selbst im Weg. Und bin trotzdem glücklich.

5. Glück ist Vanillepudding ohne Haut.

6. Wenn man sich ein belegtes Brötchen kauft und direkt aus der Bäckertüte heraus isst. Dann ist es fertig und man hat irgendwie immer noch ein bisschen Hunger … und dann fällt einem auf, dass lauter Käse- und Avocado- (oder Wurst- und Gurke-) Stückchen in die Tüte hineingefallen sind. Diese kann man sich dann in die offene Hand schütten und hat noch mal einen Bissen nur vom allerleckersten Teil des Brötchens.

7. Nach einer heißen Dusche schön auf dem Sofa lümmeln und einen Kaffee trinken – ohne Zeitdruck.

8. Sich in frisch gewaschene (noch besser: frisch gemangelte) Bettwäsche legen.

9. Glück ist aus Fleisch und aus Blut.

10. Kinderhände im Gesicht.

11. Der Hund, der sich in deiner Kniekehle zusammenrollt.

12. Unter Wasser kopfüber in einem kalten See abhängen.

13. Der perfekte Moment während eines Konzerts, wenn man eins ist mit der Band und dem Publikum.

14. Wenn der Bass einsetzt.

15. Wenn's funktioniert.

16. „All doors in park.“

17. Auch das Glück im Unglück ist noch Glück.

18. Komplett anspruchslos: Das Fernbleiben von Leid.

19. Glück ist das Jetzt, nicht das Gestern und das Morgen.

20. „Das Glück ist immer erst für den nächsten Tag.“ (Französisches Sprichwort)

Ein unverdienter Sieg in der 95. Minute.

22. Aufwachen und es ist Samstag.

23. Liebe.

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taz am wochenende
Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).
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2 Kommentare

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  • Ja wie^¿* Jetzt!

    “Kolumne Psycho



    Glück ist heute und samstags



    Am Mittwoch ist Weltglückstag. Aber was ist eigentlich Glück, habe ich meine Freunde gefragt. Spoiler: Sex kam in keiner Antwort vor."

    Ach was!



    Würde ja auch zu Liebe machen & dem Tier mit den zwei Rücken (Franz Kafka)



    Ja auch nie Sex sagen.

  • Ist vielleicht nicht postkartentauglich, aber dafür eine interessante Meinung über Glück:



    "Der Begriff der Glückseligkeit ist nicht ein solcher, den der Mensch etwa von seinen Instinkten abstrahiert und so aus der Tierheit in ihm selbst hernimmt; sondern ist eine bloße Idee eines Zustandes, welcher er den letzteren unter bloß empirischen Bedingungen (welches unmöglich ist) adäquat machen will. Er entwirft sie sich selbst, und zwar auf so verschiedene Art, durch seinen mit der Einbildungskraft und den Sinnen verwickelten Verstand; er ändert sogar diesen so oft, daß die Natur, wenn sie auch seiner Willkür gänzlich unterworfen wäre, doch schlechterdings kein bestimmtes allgemeines und festes Gesetz annehmen könnte, um mit diesem schwankenden Begriff, und so mit dem Zweck, den jeder sich willkürlicherweise versetzt, übereinzustimmen. Aber, selbst wenn wir entweder diesen auf das wahrhafte Naturbedürfnis, worin unsere Gattung durchgängig mit sich übereinstimmt, herabsetzen, oder, andererseits, die Geschicklichkeit sich eingebildete Zwecke zu verschaffen noch so hoch steigern wollten: so würde doch, was der Mensch unter Glückseligkeit versteht, und was in der Tat sein eigener letzter Naturzweck (nicht Zweck der Freiheit) ist, von ihm nie erreicht werden; denn seine Natur ist nicht von der Art, irgendwo im Besitze und Genuße aufzuhören und befriedigt zu werden.

    (I. Kant, Kritik der Urteilskraft)