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Rainer Schäfer Radikale WeineEin Wein mit Pferdestärke

Foto: privat

Willi genießt die Aufmerksamkeit. Ist eine Kamera in der Nähe, weiß er sich vorteilhaft in Pose zu werfen. Und nach getaner Arbeit will er mit einem Apfel belohnt werden, den man ihm auch besser geben sollte: Fühlt Willi sich ungerecht behandelt, stellt er sich stur.

Anfangs sei er skeptisch gewesen, räumt Winzer Joachim Heger ein, als ihm angeboten wurde, ein Pferd bei der Arbeit im Weinberg einzusetzen. Inzwischen aber sei Willi, ein sieben Jahre alter Schwarzwälder Kaltblüter, der Star im renommierten Weingut Dr. Heger im badischen Ihringen.

Lange galt Ihringen am Kaiserstuhl als der größte Silvaner-Ort Deutschlands, beinahe 180 Hektar waren mit der Weinrebe bestockt. Heute sind es noch 60, auch weil viele der Weinberge nur mit viel Aufwand zu bearbeiten sind: Die Reben stehen so dicht beieinander, dass kein Traktor dazwischen Platz findet. „In mancher Parzelle war noch nie eine Maschine drin“, sagt Heger.

Dort pflügt und lockert Pferd Willi die Erde und das Vulkangestein, damit die Wurzeln der Rebstöcke besser atmen und mit Wasser versorgt werden können – Maschinen tragen hingegen zur Bodenverdichtung bei.

„Wenn Willi pflügt, herrscht im Weinberg eine friedliche Ruhe“, sagt Winzer Heger. Der Lichtfuchs – braunes Fell, helle Mähne – trägt seit 2015 zur Qualität der Weine bei. Aber diese traditionelle und umweltschonende Methode kostet Zeit und Geld. Deshalb wird Willi nur in besonders wertvollen Weinbergen eingesetzt wie der „Grand-Crû-Lage“ Winklerberg. Hier wachsen 60 Jahre alte Weinreben. „Alles andere wäre wirtschaftlich gar nicht machbar“, sagt Heger.

Seinen mit 1 Pferdestärke erzeugten Spitzen-Silvaner aus dem Ihringer Winklerberg hat der Winzer natürlich „Pferd Willi“ genannt. Der gesamte An- und Ausbau des Silvaners ist von der Nähe zur Natur geprägt. Der Wein wurde spontan im großen Holzfass vergoren und unfiltriert in die Flasche gefüllt. „Retro-Weinbau“, der zurück zu den Wurzeln des Handwerks führe, nennt Heger das.

Silvaner Pferd Willi 2017, 21,50 Euro, Bezug über www.heger-weine.de

Der Willi gewidmete Silvaner riecht nach Melone, Birne, gelber Pflaume und Wiesenkräutern. Im Mund zeigt er sich dicht verwoben, mit Volumen, Tiefe und geschmeidigem Schliff. Ein Wein mit selbstbewusster Persönlichkeit, aber auch unaufgeregt in sich ruhend. Wie Willi.

Einmal übrigens versuchte Joachim Heger den 700 Kilo schweren Kaltblüter eigenhändig durch den Weinberg zu steuern und zog sich dabei sogleich einen Hexenschuss zu. Willi habe sofort gespürt, „dass ich nicht der richtige Boss bin“.

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