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Verwaltungsgericht zur AfDBezeichnung „Prüffall“ ist nicht okay

Das Kölner Verwaltungsgericht entscheidet: Der Verfassungsschutz darf die AfD nicht einen „Prüffall“ nennen. Das ist ein Erfolg für die Partei.

Alice Weidel fordert die umgehende Absetzung von Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang

Berlin taz | Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die AfD nicht öffentlich als „Prüffall“ bezeichnen. Das entschied das Kölner Verwaltungsgericht. Damit hatte ein Eilantrag der Partei Erfolg. Die Entscheidung hat keinen Einfluss auf die Prüfung selbst oder die inhaltliche Einschätzung, die das BfV über die AfD hat. Sie darf diese im Fall der Gesamtpartei nur nicht mehr öffentlich kommunizieren.

BfV-Chef Thomas Haldenwang hatte Mitte Januar auf einer Pressekonferenz verkündet, dass seine Behörde die AfD als Gesamtpartei als „Prüffall“ eingestuft hat, die radikal rechte Strömung „Der Flügel“ und die AfD-Jugend „Junge Alternative“ wurden gar zum „Verdachtsfall“ erklärt. Dies veröffentlichte die Behörde auch in einer Pressemitteilung, einem Tweet und in einer sogenannten Fachinformation auf ihrer Homepage.

Die AfD sah darin eine Stigmatisierung, die dazu führe, dass sie in der Konkurrenz mit anderen Parteien benachteiligt werde. Eine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung des Prüffalls gebe es nicht. Die AfD forderte vom Bundesamt eine Unterlassungserklärung, die dieses aber ablehnte. Daraufhin ging die Partei gegen die Veröffentlichung mit einem Eilantrag vor.

Diesem hat das Kölner Verwaltungsgericht nun stattgegeben. Entscheidend sei dafür gewesen, dass das Verfassungsschutzgesetz für die Mitteilung, eine Partei werde als „Prüffall“ bearbeitet, keine Rechtsgrundlage enthalte. Dieser aber bedürfe es. Der Bezeichnung als „Prüffall“ komme in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung zu. Der Eingriff in die Rechte der AfD sei daher rechtswidrig und auch unverhältnismäßig.

Der Bezeichnung als Prüffall komme in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung zu. Der Eingriff in die Rechte der AfD sei daher rechtswidrig und auch unverhältnismäßig

Da das Bundesamt die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt habe und sein Vorgehen für rechtmäßig halte, bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Mit Blick auf die Europawahlen im Mai und die Landtagswahlen im Herbst sei eine rasche Entscheidung notwendig gewesen. Deshalb gab das Gericht dem Eilantrag statt.

AfD-Chef Jörg Meuthen reagiert erwartungsgemäß erfreut: „Die Entscheidung belegt eindrucksvoll, dass das Vorgehen des Bundesamtes für Verfassungsschutzes und insbesondere seines Präsidenten Haldenwang nicht im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaates ist“, sagte Meuthen der taz. „Damit ist die politisch motivierte Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes gegen die AfD vorerst gescheitert.“ Fraktionschefin Alice Weidel forderte gar die umgehende Absetzung Haldenwangs.

Das BfV kann gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, dann müsste das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden. Dieser Schritt werde nun geprüft, sagte eine BfV-Sprecherin der taz.

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17 Kommentare

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  • abschöißeen – prust – muss antürlich abschließen heißen

    • @Frau Kirschgrün:

      antürlich… … ich gebe auf 😂 .

      • @Frau Kirschgrün:

        …latürnlich - siehe …Asterix

        • @Lowandorder:

          Manchmal komme ich mir vor wie in einem Asterix-Comic. Umzingelt von den Kollegen Denktnix, Machtnix, Weissnix und Kannnix … und das Schlimmste daran ist, ich gehöre auch bald dazu, als Erklärnix, weil das Bringtnix! 😂



          www.spruechetante....nem-asterix-comic/

          • @Frau Kirschgrün:

            Liggers. Macht nix.

            Oder wie meine holländischen Altvorderen zu sagen belieben:



            “Da kann ich mir auch keine Tasse Kakao drauf rühren.“

            Kannitverstan^¿* - Kölle alaaf!;) Gleich.

  • Da der § 130 StGB auf die AfD nicht angewendet wird, werden die AfDler ihren Plan, alles über Klagen und BE-nutzung des Rechtssystems durchzusetzen und diesen an seine Grenzen zu bringen auch erfolgreich abschöißeen können. Sie werden das umsetzen können, wenn sie weiter hin m. E. so fahrlässig "in Ruhe gelassen werden", und erfolgreich – quasi von innen her – diesen Rechtsstaat auf ihre unsäglichen Hetzereien und Ziele sozusagen "umpolen". Nach dem Motto: ist ja alles rechtsstaatlich, hat ja keiner was dagegen (gehabt).



    So blöd, sich mit einem Ermächtigungsgesezt wie 1933 an die Macht zu "lügen", werden die kein zweites Mal sein. Die sagen sich, wir haben Zeit. Gruselig. Einfach nur gruselig.



    de.wikipedia.org/w...%A4chtigungsgesetz



    Und deswgen finde ich es sooo gefährlich, was sich hier unter den Augen des BVferfG abspielt. Auf Widerstand aus der Bevölkerung werden wir vergeblich warten, weil sehr viele damit "ihr Mütchen" kühlen…

  • Dieses Verfahren ist ein ganz normales Vorgehen in einem Rechtsstaat.



    Die einzelnene Institutionen in D. können nicht machen, wie es ihnen paßt. Es gibt dann Urteile, die nicht allen gefallen, wie auch hier im Forum sichtbar wird.



    Eigentlich ist das Urteil eine Klatsche für den Verfassungsschutz-Chef, weil auch dort Hunderte von Juristen sitzen, die sollten die Rechtsauffassung in D. ganz genau kennen. Ich denke, die Juristen sind mit ihrer Meinung abgebügelt worden, aber der Chef wollte halt nicht auf seine Mitarbeiter hören.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Ein grosser Erfolg für die Braunen.



    Nun weiss ein jeder, das man sie von hoheitlicher Seite nicht mehr Prüffall nennen darf. Und das die Partei ein Prüffall ist. Tricky...

  • Der Rechtsstaat müsste nur konsequent § 130 StGB durchsetzen. Dann hätten wir kein AfD-Problem mehr und rechts von der Union wäre es leer im Bundestag.

  • Die AfD hat ihr Programm veröffentlicht! Das in einer Republik (res publika = öffentliche Sache) ist seit der römischen Republik und deren Auslöser, die Lucretia Legende, angebracht!



    Wer sich dagegen wehrt hat etwas zu verbergen und verspricht, ein Hinschauen ist angebracht!



    Ich bin der Souverän und regiere mich selbst! Das gilt für alle Bürger!

    • @Peter Meisel:

      "Die AfD hat ihr Programm veröffentlicht!"



      Meinten Sie



      "Die AfD hat ihr Programm NICHT veröffentlicht!"??

  • Ich bin immer wieder äußerst begeistert von der Standhaftigkeit unseres Rechtssystems, gegenüber denen, die es bekämpfen.

    • @Ki An:

      Bisweilen verschwimmen die Grenzen zwischen dem Rechtssystem und denen, die es bekämpfen bis zur Unkenntlichkeit.

  • Der Verfassungsschutz darf also den Prüffall AfD nicht öffentlich als Prüffall benennen. Gilt das jetzt für alle Prüffälle des Verfassungsschutzes oder nur für die AfD? Wenn das mal kein Pyrrhussieg war.

    • @Rainer B.:

      “…Gegenstand des Verfahrens war dabei allein die Frage, ob eine Rechtsgrundlage für das Vorgehen des Bundesamtes besteht; die inhaltliche Bewertung der Positionen der AfD war nicht verfahrensrelevant.

      Dem Eilantrag hat das Gericht mit einem heute den Beteiligten zugestellten Beschluss stattgegeben. Maßgeblich für die Entscheidung der Kammer war insbesondere, dass das Bundesverfassungsschutzgesetz für die Mitteilung, eine Partei werde als „Prüffall“ bearbeitet, keine Rechtsgrundlage enthalte. Äußerungen von Hoheitsträgern wie dem Bundesamt, durch die in die Rechte einer politischen Partei eingegriffen wird, bedürften nach der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, die sich nach der klaren Gesetzeslage und insbesondere unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers dem vom Bundesamt genannten § 16 Abs. 1 BVerfSchG nicht entnehmen lasse. Der Bezeichnung als „Prüffall“ komme in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung zu. Dieser Eingriff in die Rechte der AfD aus dem Parteiengrundrecht des Art. 21 GG und dem auch einer Partei zuzuerkennenden Persönlichkeitsrecht sei mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und auch unverhältnismäßig. Da das Bundesamt die Abgabe einer Unterlassungs-erklärung abgelehnt habe und sein Vorgehen für rechtmäßig halte, bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Dem Antrag sei zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes schon im Eilverfahren stattzugeben gewesen, weil im Mai 2019 die Europawahl und im Mai, September und Oktober Landtagswahlen anstehen, an denen die AfD teilnehmen will. …"

      www.vg-koeln.nrw.d...3_190226/index.php

      Handwerklich sauber. Wie zu erwarten war!;) - & Allgemein gültig - klar.

    • @Rainer B.:

      ist es, jetzt schon.



      aber es bleibt bestimmt spannend und ich freu mich jetzt schon die fortsetzung.

      • @christine rölke-sommer:

        Bin vor allem sehr gespannt auf den nächsten Verfassungsschutzbericht. Wird man die Passagen zur AfD dann einfach nur schwärzen müssen, oder gleich ganz rausnehmen? Möglich wäre ja auch ein Schreddern des Berichts vor der Auslieferung, oder man spart sich den Druck und die Kosten in Zukunft gleich ganz, um von vorneherein jeglichen Ärger mit der AfD zu vermeiden (;-))