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Kommentar Kürzungen für GeflüchteteInvestieren, nicht zahlen!

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will sparen – bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Das ist inhuman wie falsch.

Weggucken ist keine Lösung. Finanzkürzungen für Geflüchtete auch nicht Foto: dpa

D ie Deutschen sind klüger, als selbst ernannte Volksversteher es stets predigen. Während die immer nur vor Risiken und Kosten der Einwanderung warnen und auf einen imaginären Volkswillen verweisen, zeigt eine repräsentative Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: 53 Prozent begreifen Einwanderung als Chance. Diese optimistische Grundhaltung wünscht man sich nun auch von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dessen Partei nebenbei Träger der Ebert-Stiftung ist.

Scholz sieht vor dem Hintergrund des nachlassenden Wirtschaftswachstums und der damit zu erwartenden sinkenden Steuereinnahmen die Zeit gekommen fürs Sparen. Und so soll die Unterstützung des für Bundes für die Kommunen bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten wegfallen. Insgesamt möchte Scholz künftig nur noch 1,3 statt 4,7 Milliarden Euro pro Jahr als Flüchtlingsausgaben verbuchen.

Das ist so inhuman wie falsch. Ein Blick zurück in die deutsche Geschichte zeigt: Ob die im 17. Jahrhundert aus Frankreich nach Preußen geflohenen Hugenotten, die Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, die türkischen Gastarbeiter in den 60er Jahren, die polnischen Auswanderer oder die ehemaligen DDR-Bürger, die nach der Wende auf der Suche nach Arbeit, nach Chancen in die alten Bundesländer zogen – sie alle haben die aufnehmende Gesellschaft ergänzt und bereichert. Warum sollte es bei den Menschen aus Syrien, aus dem Irak anders sein?

Auch die neu Zugezogenen und Zuziehenden werden keine amorphe Masse passiver Zuwendungsempfänger bilden. Das zeigt sich bereits jetzt. Von jenen, die seit 2015 kamen, hat bereits jede Vierte einen Job. Solche Erfolge gilt es auszubauen.

Und ja, dafür braucht man auch Geld. Menschen, die nach Deutschland fliehen, brauchen Wohnungen, sie müssen die Sprache lernen, oft auch Abschlüsse nachholen. Die Kommunen müssen die Infrastruktur dafür bereitstellen. Sie brauchen Geld, um ein gutes Angebot für alle Mitbürger zu sichern. Anstatt von Kosten sollte Scholz aber lieber von Investitionen reden. Denn es zahlt sich am Ende aus.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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3 Kommentare

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  • Ach das Schreiben Sie doch bitte mal an die Zeit!

  • Wie von Frau Lehmann nicht anders zu erwarten wieder ein undifferenzierter Kommentar. Für die schwarze Null, unseren Bundesfinanzminister, sind Ausgaben stets Kosten. Ganz unabhängig von der Frage, ob und wie innovativ bestimmte Investitionen sein können. Frau Lehman sieht allerdings nur die negativen Auswirkungen der schwarzen Null bei den Migranten. Dabei sind andere Gruppen der hier lebenden oder auch darbenden Menschen ebenso betroffen von einer asozialen Sparpolitik dieser GroKO, die nicht besser repräsentiert werden kann als durch die schwarze Null Scholz.

    Frau Lehmann behauptet, dass ein Viertel der seit 2015 bei uns gelandeten Migranten einen Job gefunden haben. Einen Beleg liefert sie dafür nicht. Erst recht nicht beschäftigt sie sich mit der Frage, welche Jobs das denn sind. Ich kenne ein paar Jobs, die durch Migranten ausgeübt werden. Das sind alles Billigstjobs. Einer kehrt die Haare weg bei einem Friseur, ein anderer hat einen "Job" bei einer Gemeinde und kellnert in einem Café, das Gemeindemitglieder hobbymäßig betreiben. Offensichtlich bedienen sich auch die Paketdienste bei den willkommenen Billiglöhnern. Und wenn die Spargelzeit kommt, kann auch Frau Kipping wieder lobend die Billiglöhner erwähnen, die uns so kostengünstig mit großen Mengen versorgen.



    Aber auch für Frau Lehmann schein jeder Job gleichwertig zu sein. Job ist Job. Undifferenzierter gehts nimmer, zumal viele Jobs auch noch staatlich subventioniert werden.

    Wie sagt Frau Lehmann so schön? "Menschen, die nach Deutschland fliehen, brauchen Wohnungen, sie müssen die Sprache lernen, oft auch Abschlüsse nachholen."



    Menschen, die in Deutschland leben und nicht geflohen sind, haben übrigens ähnliche Probleme. Zumindest mit Wohnungen und Bildung. Für Frau Lehmann existieren diese Menschen offensichtlich nicht.

    • @Rolf B.:

      Die Textsorte "Kommentar" dient dazu, eine Meinung auszudrücken, und dies im Zeitungsstil: kurz und prägnant. Natürlich gibt es eine Menge Menschen mit Problemen, die auch (endlich) (viel mehr) staatlicher Unterstützung bedürfen, natürlich muss man das thematisieren und Sie haben auch Recht damit, dass Zahlen und Aussagen belegt werden müssen (Ihre Aussage über die Billigstjobs übrigens auch). Das alles in einen kurzen Kommentar zu packen, würde aber dessen technischen und thematischen Rahmen sprengen. Ein Thema - ein Kommentar. (Danke dafür!)