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Grüne überholen SPD

Umfrage ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl sieht Hamburgs Grüne nur noch knapp hinter der SPD

In einem Jamaika-Bündnis würden die Grünen als weitaus stärkster Partner die Regierungschefin stellen – eine Verlockung

Von Sven-Michael Veit

In Hamburg taucht gut ein Jahr vor der nächsten Bürgerschaftswahl ein grün-roter Senat als mögliches Szenario auf. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Hamburger Abendblatt hervor. Wäre die Wahl schon am nächsten Sonntag, käme die SPD auf nur noch 30 Prozent, ihr Koalitionspartner Grüne hingegen auf 24 Prozent. Wenn dieser Trend bis zur Wahl im Februar 2020 anhält, könnten die Roten zum Juniorpartner der Grünen werden.

Das Ausmaß des Stimmungswandels wird an der Gewinn- und Verlustrechnung deutlich. Die SPD verlöre 15,6 Prozentpunkte gegenüber dem Wahlergebnis von 2015. Die Grünen hingegen könnten ihr Ergebnis von 12,3 Prozent fast verdoppeln und würden mit Abstand zweitstärkste politische Kraft in Hamburg.

Ähnlich wie bei der bundesweiten Diskussion um einen möglichen grünen Kanzler Robert Habeck stellt sich jetzt auch in Hamburg die Frage, ob die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank nicht offiziell zur Bürgermeister-Kandidatin ernannt wird.

Die CDU hingegen kann sich diese Mühe sparen. Die Christdemokraten landen in der Forsa- Umfrage mit 14 Prozent noch um 1,9 Punkte unter ihrem historisch schlechtesten Ergebnis von 2015. Auf dieser Basis einen Bürgermeister-Kandidaten zu küren, dürfte wenig überzeugend wirken.

Die drei weiteren in der Bürgerschaft vertretenen Parteien legen moderat zu. So wächst die Linke auf 11 Prozent (2015: 8,5), die FDP auf 9 Prozent (7,4) und die AfD auf 7 Prozent (6,1). Mehr als ein Drittel (34 Prozent) der Befragten favorisierten das bestehende Regierungsbündnis aus SPD und Grünen. Eine Jamaika-Koalition aus Grünen, CDU und FDP wird demnach von 11 Prozent befürwortet. Und diese läge mit 47 Prozent Kopf an Kopf mit den 48 Prozent einer Opposition aus SPD, Linken und AfD. In einem solchen Bündnis würden die Grünen mit Sicherheit als weitaus stärkster Partner die Regierungschefin stellen – das könnte eine Verlockung sein.

Die SPD-Vorsitzende Melanie Leonhard will die Umfrage als „Arbeitsauftrag“ verstehen, der CDU verschlug die Umfrage bis zum Redaktionsschluss die Sprache. Alle anderen Parteien freuten sich über sich selbst, am allermeisten die grüne Parteichefin Anna Gallina: „Diese Zahlen hauen mich um!“

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