Bernd Pickert über die Rechtsfront gegen Venezuela: Alles, nur keine Demokratie
Bei manchen Botschaften kommt es nicht auf den Wortlaut an, sondern auf den oder die Absender. Am Freitag haben 13 Mitgliedsstaaten der sogenannten Lima-Gruppe erklärt, die bevorstehende erneute Amtseinführung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro nicht anzuerkennen. Sollte er in Folge seines Wahlsieges vom Mai am kommenden Donnerstag tatsächlich erneut – und dann bis 2025 – zum Präsidenten vereidigt werden, drohen die Staaten mit Wirtschaftssanktionen und „Überdenken“ der diplomatischen Beziehungen.
Im Prinzip haben sie recht: In Venezuela herrscht schon lange keine Demokratie mehr. Internationaler Druck, um die Regierung in Caracas zur Einhaltung der entsprechenden Regeln zu nötigen, wäre schon lange fällig. Nur: Die Lima-Gruppe, 2017 als Allianz der neuen Rechtsregierungen Lateinamerikas gegen Venezuela gebildet, kann nun wahrlich nicht für demokratische Freiheitsrechte einstehen. Weder Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro noch sein guatemaltekischer Amtskollege Jimmy Morales haben damit irgendetwas zu schaffen. In Kolumbien wurden unter dem rechten Präsidenten Iván Duque allein in den ersten Tagen dieses Jahres wieder vier soziale Aktivisten ermordet. In Argentinien geht Präsident Mauricio Macri mit brutaler Repression gegen Proteste gegen seine Wirtschaftspolitik vor.
Letztlich haben sie alle Venezuela viel zu verdanken. Denn die Katastrophe, in die das Land durch die verfehlte Politik seiner „linken“ Regierung gerutscht ist, hat zum Aufstieg der neuen Rechten auf dem Subkontinent nicht wenig beigetragen. Das eigentliche Drama ist nicht, dass sie jetzt Maduro geißeln. Das eigentliche Drama ist, dass diese Rechtsfront unter Beteiligung der USA es Maduro ermöglicht, erneut in Kategorien des linken David gegen den imperialistischen Goliath zu argumentieren. Der so erzeugte politische Stillstand kann zu weiterer Verelendung der Venezolaner und weiteren Fluchtbewegungen führen. Zur Demokratie allerdings nicht.
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