Genossenschaft klagt gegen Bindung: Sozialmiete in Ewigkeit
Bundesgerichtshof verhandelt, ob sich eine Wohnungsgenosenschaft in Langenhagen an Absprachen zur Mietpreisbindung halten muss.
HAMBURG taz | Der Deal ging so: Die Stadt Langenhagen verkauft der hannoverschen Wohnungsgenossenschaft Gartenheim Grundstücke, um auf diesen 52 Sozialwohnungen bauen zu lassen. Die Stadt unterstützt das zusätzlich mit einem zinsgünstigen Darlehen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Genossenschaft, die Wohnungen auf Dauer als Sozialwohnungen anzubieten.
20 Jahre später will die Genossenschaft nichts mehr davon wissen und klagt gegen die Sozialbindung: Das Landgericht Hannover soll feststellen, dass die Wohnungen nach Ablauf von 20 Jahren frei vermietet werden können. Eine entsprechende Verpflichtung, die die Stadt beim Verkauf ihrer Grundstücke in das Grundbuch eintragen ließ, soll gelöscht werden. In zwei Instanzen ist die Genossenschaft mit diesem Ansinnen gescheitert. Am Freitag verhandelt der Bundesgerichts über die Revision dieser Urteile (Az. V ZR 176/17).
Das Gartenheim beruft sich in seiner Klage darauf, dass eine Sozialbindung laut dem Wohnungsbaugesetz „15 Jahre grundsätzlich nicht übersteigen“ soll. Die Vereinbarung mit der Stadt sei zudem unverhältnismäßig. Sie führe dazu, dass die Genossenschaft auf Dauer keine Miete wie auf dem freien Markt verlangen könne, obwohl das Fördergeld mittlerweile aufgebraucht sei. Wohnungen für Arme bereitzustellen sei Aufgabe der Stadt, nicht der Genossenschaft.
Das Oberlandesgericht Celle, sah in dem Deal keinen Verstoß gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Schließlich habe die Stadt der Genossenschaft nicht nur ein günstiges Darlehen gewährt, sondern auch Grundstücke zur Verfügung gestellt. Angesichts dieser Subvention sei es nicht unangemessen, dauerhaft auf Sozialmieten zu bestehen. Das Wohnungsbaugesetz nennt als Grund für eine Ausnahme von der 15-Jahre-Maximalbindung „die Bereitstellung von Bauland“ oder „Förderung zugunsten bestimmter Personengruppen“.
Busenschnecke als Maskottchen
Gartenheim-Geschäftsführer Günter Haese, der am Freitag nicht für ein Gespräch zur Verfügung stand, äußert sich gerne quer zum Zeitgeist. Im Geschäftsbericht 2015 nimmt er ausführlich zur Flüchtlingskrise Stellung: Er spricht von „angeordneter Willkommenskultur“ und macht sich Gedanken über neue Bevölkerungsgruppen „deren ‚Nutzungs- und Abnutzungsverhalten‘ man in keiner Weise abschätzen kann“. Womöglich werde eine Universaltoilette nötig.
Als Werbemaskottchen für seine Firma hat er die Busenschnecke erfunden, eine weiße Schnecke mit großen Brüsten samt Höfen und Nippeln. Hannovers Regionspräsident Hauke Jagau (SPD) bezeichnete sie als sexistisch. Haese konterte mit einem europäischen Werbemittelpreis, den er dafür eingeheimst habe und 40.000 verteilten Schnecken.
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