Studie zum Ansehen von Lehrern: Mieses Image und jede Menge Hass
Eine neue Studie weist aus, was die Deutschen vom Beruf des Schulpädagogen halten: sehr wenig. Kein Wunder, dass die Schule so ist, wie sie ist.
Was denken Sie über Lehrkräfte? Dazu ein kleiner assoziativer Test. Schließen Sie ihre Augen und stellen Sie sich einen Lehrer vor. Was sehen Sie?
Eine engagierte Person, die sich für die Zukunft unserer Kinder den Arsch aufreißt, Smartphones im Unterricht einsetzt und in ihrer Freizeit noch die Antirassismus-AG leitet? Oder eher einen aus der Zeit gefallenen Waldschrat, dessen Arbeitsblätter – wie seine Kleidung – noch aus dem vorigen Jahrhundert stammen? Oder der braungebrannt aus den Herbstferien zurückkommende Überflieger, der ohne mit der Wimper zu zucken mitteilt, die Schulaufgabe erst in der kommenden Woche korrigieren zu können?
Was auch immer Sie gerade vor Augen haben, letzteres wird Ihnen zumindest herzlich bekannt vorkommen. Denn genau das ist das Bild, das hierzulande viele von PädagogInnen haben: das einer bräsigen Beamtenkaste, die wenig arbeitet, noch weniger weiß und dabei noch unfassbar viel motzt.
Dass LehrerInnen in Deutschland nicht das beste Image haben, hat gerade auch eine weltweite Studie bestätigt: Der „Global Teacher Status Index“ hat 40.000 Menschen in 35 Ländern zum Ansehen von Lehrkräften befragt. Das Ergebnis: In kaum einen Land, in dem LehrerInnen so viel verdienen wie in Deutschland, ist das Image so schlecht. Nur jeder Fünfte würde hierzulande seinem eigenen Kind empfehlen, LehrerIn zu werden. In Indien ist es jeder Zweite.
Das hängt wohl auch mit dem – fehlenden – Respekt zusammen, den SchülerInnen vor ihren LehrerInnen haben. Da landet Deutschland beim Index auf dem zwölf niedrigsten Wert. Nicht mal jeder Vierte glaubt noch, dass die Kids an den Schulen der Bundesrepublik noch ihre LehrerInnen respektierten. Und das hat verheerende Folgen, wie SchulleiterInnen und GewerkschaftlerInnen berichten: Selbst tätliche Gewalt gegen LehrerInnen gehört heutzutage zum Schulalltag, von Cybermobbing, Drohungen oder schlichten Beleidigungen ganz zu schweigen.
Für die Gewalt an deutschen Schulen gibt es sicher viele Gründe. Man muss aber davon ausgehen, dass die geringe gesellschaftliche Anerkennung der LehrerInnen auch eine Rolle spielt. Wenn ein 15-jähriger Fabrikarbeitersohn zu Hause hört, dass er nicht auf seinen Lehrer hören muss, weil dieser ja noch nie in seinem Leben „richtig“ gearbeitet habe, dann kommt es einem Aufruf zum Ungehorsam gleich. Und wenn die Arzttochter am Esstisch aufschnappt, dass die Biolehrerin eigentlich keine Ahnung von Essstörungen haben kann, dann wird die Achtung aufseiten der Schülerin nicht steigen.
Das Perfide dabei ist: LehrerInnen müssen nicht nur gegen ihr schlechtes Image kämpfen. Sie werden gleichzeitig auch leidenschaftlich dafür gehasst, dass es ihnen so viel besser geht als einem selbst. Weil sie ewig lang Urlaub machen und das mehrmals im Jahr, weil sie auch unter der Woche viel Zeit mit ihren Kindern verbringen können und weil sie in der Regel keine Probleme haben, mit ihrer bombensicheren Anstellung einen Kredit zu bekommen. In unserer urdeutschen Neidgesellschaft rangieren LehrerInnen vermutlich nicht weit hinter ÄrztInnen – nur dass man ihnen die Meriten noch weniger gönnt.
Kurioserweise beschränkt sich der Neid nur auf die Arbeitsbedingungen, nicht auf die Arbeit selbst. Sich mehrere Stunden am Tag vor pubertierende Jugendliche oder hyperaktive GrundschülerInnen zu stellen – und dabei auch noch die Lernziele eines überfrachteten Stundenplans einzuhalten –, das können sich dann offenbar doch nicht so viele vorstellen. Denn wahr ist: Die Aufgabe, die jede Lehrkraft im Land Tag für Tag bewältigt, ist ein Kraftakt, den sich viele nicht vorstellen können oder wollen. Selbst wenn kein besonderes Kind inkludiert werden soll oder die Schule nicht in einem sozialen Brennpunkt liegt. Allein der Einsatz verdient Anerkennung – und dann ist noch keine Klassenarbeit korrigiert.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen