piwik no script img

Jacobs Uni braucht ärztliche Hilfe

Auf Kosten von Bremen wollen die kommunale Klinikholding und die Jacobs Uni auf deren Campus einen Medizinstudiengang einrichten

VonBenno Schirrmeister

Die kommunale Klinikholding (Geno) und die Jacobs University (JUB) haben mit ihrem gemeinsamen Plan, einen Medizinstudiengang an der privaten, aber von staatlichen Beihilfen abhängigen JUB einzurichten, für Irritationen gesorgt. „Unser Anliegen ist es, hier Fachkräfte auszubilden“, erläutert Geno-Sprecherin Karen Matiszick auf Nachfrage. Man habe darüber auch mit öffentlichen Universitäten gesprochen, sei aber mit der JUB „am schnellsten zu konkreten Ergebnissen“ gekommen“.

Diese liegen nun zur Prüfung bei der Gesundheits- und Wissenschaftssenatorin. „Das sind Pläne, wie es gehen könnte“, so Matiszick. „Ein Konzept für die Finanzierung ist darin nicht enthalten.“ Das ist bemerkenswert, zumal sowohl Geno als auch JUB notorisch klamm sind: Einerseits waren die extrem hohen Kosten eines Medizinstudienganges seit der Gründung der Bremer Uni das Argument gegen dessen Einrichtung.

Andererseits war Bremens Hochschulpolitik in den letzten Jahrzehnten durch Kürzungen geprägt, wie die Schließung des Sonderpädagogik-Studiengangs: Allein in Bremen fehlen derzeit fast 100, deutlich mehr als Ärzte, aber „das eine wollen wir nicht gegen das andere gegenrechnen“, betont Christina Selzer, die Sprecherin von Gesundheits- und Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD).

Die Jacobs-Uni will das eigene Konzept nicht kommentieren, wie Sprecher Heiko Lammers mitteilt. Nicht einmal den Wirtschaftssenator, der für Bremen den Sanierungskurs der gemeinnützigen GmbH kontrollieren soll, hat die Uni von ihren Investitionsplänen in Kenntnis gesetzt. „Entsprechend können wir sie auch noch nicht bewerten“, sagt ein Sprecher der Behörde auf Nachfrage. Klaus-Rainer Rupp, Wirtschaftspolitiker der Linksfraktion, sieht bei der JUB „überhaupt keine Kapazitäten, einen solchen Studiengang aus dem Boden zu stampfen“.

Im Gesundheits- und Wissenschaftsressort ist das Papier bekannt. Und tatsächlich lässt sich nicht davon sprechen, dass es ein Finanzierungskonzept im engeren Sinne enthält. Was es hingegen gibt, sind Kostenschätzungen, die eine Investitionssumme von ungefähr zehn Millionen Euro plus 18 Millionen Euro jährliche Betriebskosten für die Einrichtung eines komplett neuen Medizinstudiengangs veranschlagen.

„Es wird von der Finanzierung durch das Land Bremen ausgegangen“Christina Selzer, Sprecherin Gesundheit

Zum Vergleich: In Augsburg, wo der Freistaat Bayern eine Ärztefakultät aufbaut, wird mit einer halben Milliarde Euro gerechnet, bei Betriebskosten von 100 Millionen per anno, und das sind in einem umfassenden Gutachterprozess erhobene Werte. Woher die JUB ihre bestechend günstigen Zahlen nimmt, ist ungewiss.

Erfreulich klar macht sie dagegen, woher das Geld kommen soll: „Es wird von der Finanzierung durch das Land Bremen ausgegangen“, verrät die Wissenschaftsbehörde. Gebühren soll das Medizinstudium auf dem JUB-Campus dabei keine kosten. „Seltsam“ nennt das die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Henrike Müller.

Möglich, dass diese Gebührenfreiheit ein Versuch der JUB ist, die gesetzlichen Bedingungen für Subventionen auszutricksen: Privat-Unternehmen dürfen nicht vom Staat finanziert, sondern nur durch Beihilfengerettet werden. Hier bewegt sich das Verhältnis Bremen-JUB seit jeher in einem dunklen Graubereich, und möglicherweisekönnte ein öffentlicher Studiengang an der privaten Uni dem eine neue Schattierung hinzufügen. Dort einfach so einen staatlich finanzierten Studiengang aufzubauen erlauben die EU-Leitlinien hingegen nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen