Streit in der LGBT-Communtiy: Der Haussegen hängt schief
Ein Streit um ein Grundstück in Schöneberg hat in der LGBT-Community tiefe Gräben hinterlassen. Nun ist das Land am Zug.
Wie hätte es auch gut ausgehen können?! Zwei LGBT-Organisationen bewerben sich um dasselbe Grundstück – nur eine kann es bekommen. Von Anfang an stand das Vergabeverfahren an der Schöneberger Linse unter einem schlechten Stern. Sowohl die Schwulenberatung Berlin GmbH als auch die lesbische Initiative Rad und Tat (RuT) hatten vor, dort ein Wohnprojekt für ältere LGBTs zu bauen. Nun hat also die Schwulenberatung den Sieg davongetragen.
Im November letzten Jahres war noch RuT das Grundstück zugesprochen worden. Die Schwulenberatung, eine Organisation von und für schwule Männer und trans*- und intergeschlechtliche Menschen, hatte jedoch aufgrund eines Verfahrensfehlers Einspruch eingelegt.
Das Verfahren startete von vorn, und nach der Einreichung neuer Angebote durch die BewerberInnen wurde das Grundstück Ende September letztendlich ihr zugesprochen. Den dagegen eingelegten Einspruch hat RuT vorige Woche zurückgezogen. Der Kampf ist zu Ende.
„Das Verfahren weiter fortzusetzen hätte große Beträge – bis zu 50.000 Euro – gekostet, und die haben wir nicht“, sagte die Geschäftsführerin von RuT, Jutta Brambach, dem queeren Stadtmagazin Siegessäule. „Das ist für uns schon ein herber Schlag. Was Lesben wollen, interessiert einfach niemanden.“
Das 3. Projekt der Schwulenberatung
Tatsächlich wäre das Wohnprojekt für ältere Lesben bundesweit das erste seiner Art gewesen, für die Schwulenberatung ist es bereits das dritte. Auch verfügt RuT über weit weniger Ressourcen als die Schwulenberatung. Erstere hat Geld für 2,75 Stellen, bei der Schwulenberatung sind mehr als 100 Menschen angestellt.
Seit 2009 sucht RuT bereits nach einem passenden Ort für ihr Wohnprojekt. Vor einigen Jahren hatten sie fast ein Grundstück in Neukölln erworben – in letzter Minute wurde es doch an einen anderen Bieter verkauft. Einige der Frauen, die in das RuT-Wohnprojekt einziehen wollten, sind mittlerweile schon verstorben.
In einer Mitteilung von Anfang November betont RuT-Geschäftsführerin Brambach, bezahlbarer Wohnraum sei besonders für Frauen „ein existenzielles Thema“ und die Ungleichheit der Geschlechter in Berlin nun „endgültig zementiert“.
Freude und Schmerz
Und was sagt die Schwulenberatung zu der ganzen Angelegenheit? Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung, freut sich zwar über das Grundstück. „Aber die Freude ist auch mit Schmerz verbunden. Wie der Prozess gelaufen ist, das ist schon traurig – für alle“, sagte er der taz.
Er sieht nun vor allem die Politik und damit das Land Berlin in der Pflicht. Das Konzeptverfahren bei der Grundstücksvergabe beschreibt er wegen der hohen anfallenden Kosten als „für soziale Träger total ungeeignet“. Sie würden dadurch „in Konkurrenz getrieben.“
Doch wird sich die Politik einschalten? Eigentlich muss sie. Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag des Landes Berlin steht es sogar schwarz auf weiß: „Die Koalition wird dafür sorgen, dass lesbische Projekte nicht im Hintergrund bleiben und lesbische Sichtbarkeit erhöhen.“ Diesem Vorhaben sollten bald Taten folgen, um noch tiefere Risse im schwul-lesbischen Zusammenleben zu vermeiden.
Auch Brambach hat klare Vorstellungen davon, wie die Umsetzung dieses Vorhabens aussehen könnte. In der Pressemitteilung fordert sie die Politik auf, „uns zeitnah ein alternatives passendes Grundstück zur Verfügung zu stellen“ und „ein klares Signal gegen diese offensichtliche Diskriminierung“ zu setzen.
Am besten, so lange alle noch leben.
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