Präsidentschaftswahl in Brasilien: Ex-Militär gewinnt erste Runde
Der rechte Kandidat Jair Bolsonaro liegt mit 46 Prozent der Stimmen deutlich seinem Konkurrenten. Nur knapp verfehlte er die absolute Mehrheit.
Seine Popularität war in den letzten Tagen vor der Wahl noch erheblich angestiegen. Bolsonaro gibt sich als Retter der Nation, der mit harter Hand für Ordnung sorgen wird. In die Stichwahl Ende Oktober geht er als Favorit. Umfragen sagten bisher ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, da er zugleich die höchsten Ablehnungswerte hat. Doch der 63-Jährige findet immer neue Bündnispartner, die an der Macht teilhaben wollen und sich an seinen frauenfeindlichen und rassistischen Sprüchen nicht stören: Allen voran große evangelikale Kirchen, aber auch die Parlamentsfraktion der Agrarier und zahlreiche Unternehmervertreter.
„Das Land steht am Rand des Chaos, wir dürfen den Linken keinen Raum mehr bieten“, erklärte Bolsonaro in einer Videobotschaft. Die Kampagne für den zweiten Wahlgang werde ein weiterer Schritt hin zu einer „großen Nation“ sein. Bei einer Messerattacke eines offenbar verwirrten Einzeltäters wurde er Anfang September verletzt und ist seitdem nicht mehr öffentlich aufgetreten. Es kommt ihm gelegen, sich nicht einer direkten Auseinandersetzung zu stellen. Statt dessen setzt er auf Fakenews und zeigte ein Video einer Wahlurne, die beim Wählen automatisch auf die Nummer der Arbeiterpartei spring. Lokale Medien stellten in Kürze fest, dass es sich um eine Fälschung handelte.
„Unsere einzige Waffe werden Argumente sein“
Die Gegner Bolsonaros sind froh, dass es einen zweiten Durchgang geben wird. Viele von ihnen sind keine Freunde der Arbeiterpartei, werden aber für Haddad stimmen, um eine Regierung Bolsonaro zu verhindert. Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo setzt auf eine breite Allianz und kündigte an, er werde „die Demokraten des Landes vereinen, um soziale Gerechtigkeit und ein Brasilien für alle“ zu ermöglichen. „Unsere einzige Waffe werden Argumente sein“, sagte Haddad mit Blick auf die Ankündigung Bolsonaros, allen Brasilianern den Zugang zu Waffen zu ermöglichen.
Ciro Gomes, der mit 12,5 Prozent Drittplatzierter wurde, dürfte Teil dieser Allianz sein. Der Mitte-links-Politiker wollte sich am Wahlabend nicht festlegen, betonte aber „seinen steten Einsatz zur Verteidigung der Demokratie und gegen den Faschismus“.
Für die traditionellen konservativen Parteien war der Wahlausgang eine herbe Niederlage. Kein einziger Kandidat der Parteien, die den konservativen Übergangspräsidenten Michel Temer unterstützen, erreichte die Fünf-Prozent-Marke. Temer selbst trat nicht an. Er war 2016 nach der Amtsenthebung von Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei ins höchste Staatsamt aufgerückt und hat kaum Rückhalt in der Bevölkerung. Allerdings haben viele Politiker aus diesem Spektrum bereits in Vorfeld ihre Sympathie für Bolsonaro kundgetan, was auch nahe legt, dass der populistische Rechtsaußen keine Alternative zum bisherigen politischen Status Quo sein wird, sondern sich vielmehr darauf stützen wird.
Auch im zukünftigen Parlament sowie im Senat, der zu zwei Dritteln erneuert wurde, zeichnete sich ein Zuwachs des rechten Lager ab. Mehrere Abgeordneten-Kandidaten von Bolsonaros Sozialliberaler Partei (PSL) erreichten Rekordergebnisse, darunter sein Sohn Eduardo. Nur im verarmten Nordosten des Landes dominiert die Linke. In den meisten Bundesstaaten dort gewannen die Gouverneurskandidaten der PT oder von verbündeten Parteien bereits im ersten Wahlgang.
Das Wahlergebnis vertieft die Spaltung Brasiliens in zwei entgegengesetzte politische Lager. Bolsonaro vertritt nicht nur konservative Werte und eine liberale Wirtschaftspolitik. Mehrfach lobte er die Zeit der Militärdiktatur (1964-1985) und die Anwendung von Folter. Der Mitte-links-Politiker Haddad will die Sozialpolitik der Arbeiterpartei fortsetzen, die in 14 Regierungsjahren (2003-2016) Millionen Bürger aus der Armut holte. Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo trat anstelle des inhaftierten Ex-Präsidenten Luis Inácio Lula da Silva an, der aufgrund einer Verurteilung wegen Korruption nicht kandidieren durfte.
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