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Neue Demos im Hambacher ForstJetzt protestieren die Kumpel

RWE will den „Kampf um den Wald“ immer noch gewinnen und macht den eigenen Leuten Angst. Die demonstrieren nun für ihre Jobs.

Die Braunkohlekumpel von RWE sehen den fossilen Energieträger etwas anders als die Baumbesetzer im Hambacher Forst Foto: dpa

Mehr als 4.000 Mitarbeiter des Braunkohle-Verstromers RWE haben am Montag im Rheinischen Revier gegen mögliche Stellenstreichungen demonstriert. „Die Kollegen wollen wissen: Was bedeutet der vom Oberverwaltungsgericht Münster angeordnete Rodungsstopp im Hambacher Forst ganz konkret für mich“, sagte Manuel Rendla, Landesbezirkssekretär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), der taz. „Die Kollegen haben Angst um ihre Arbeitsplätze und fordern sichere Perspektiven für die Zukunft.“

RWE hatte nach der Gerichtsentscheidung gedroht, die Produktion im 50 Quadratkilometer großen und bis zu 400 Meter tiefen Braunkohle-Tagebau Hambach zu drosseln. Da die letzten 200 des ursprünglich über 4.000 Hektar großen Eichen-Hainbuchenwalds, den Umweltschutz-Organisation wie der BUND für unersetzlich halten, bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung nicht vernichtet werden dürfen, stünden auf der obersten Tagebau-Sohle spätestens 2019 die Bagger still, argumentiert der Konzern.

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz kündigte deshalb bereits an, Arbeitsplätze zu streichen. „Am Tagebau Hambach hängen 4.600 Arbeitsplätze“, drohte er gegenüber der Rheinischen Post. Eine genaue Zahl, wieviele Jobs wegfallen könnten, nannte er aber nicht. Stattdessen gab sich Schmitz kämpferisch: „Der Kampf um Hambach geht weiter“, sagte er. Da der Hambacher Wald aber durch die Gerichtsentscheidung kein RWE-Betriebsgelände sei, bleibe er für die Öffentlichkeit zugänglich.

Nach Gewerkschaftsangaben arbeiten im Rheinischen Revier noch knapp 10.000 Menschen in der Braunkohle-Industrie – deutschlandweit sind es rund 20.000. Die Erneuerbaren Energien bieten schon heute Jobs für mehr als 300.000 Menschen. Am Wochenende waren RWE-Mitarbeiter deshalb dem Aufruf ihrer Betriebsräte gefolgt und versuchten, rund um Hambach mit Umweltschützern zu diskutieren, die dort weiter gegen Deutschlands klimaschädlichsten Energieträger mobilisieren: Im zur „Devastierung“ für den Tagebau freigegebenen Dorf „Manheim-alt“ besetzten sie drei Häuser. Außerdem waren etwa 30 AktivistInnen im Tagebau unterwegs.

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8 Kommentare

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  • Es ist schon entsetzlich, was Deutschland droht. Vor Jahren hieß es da wohl:



    "Kein Bild, kein Ton?



    Deutschland ohne Atomstrom!"



    Jahre der Dunkelheit hatten wir und nun wird es noch dunkler - auweia! Und immer sind diese Ökos schuld! Die klauen uns sogar das Fernsehen!elf!

  • 0G
    0371 (Profil gelöscht)

    Wenn im Braunkohletagebau und den dazu gehörenden Dreckschleudern, äh... Kraftwerken Arbeitsplätze verloren gehen, ist das für den Einzelnen zunächst mal schlimm.



    Aber: mindestens seit zehn Jahren hat sich allgemein die Erkenntnis verfestigt, dass das Klima durch die Menschen massiv verändert wird und die fossilen Energieträger angezählt sind. Da hätte man ja schon mal vorausschauend darauf reagieren können.



    Zum anderen wurden die erneuerbaren Energien nach 2011 massiv durch die Regierung und den dazu gehörenden "Energieriesen" massiv ausgebremst. In der Folge gingen dort wesentlich mehr Arbeitsplätze (auch meiner) verloren, als jetzt in der Braunkohle über kurz oder lang sowieso wegfallen.



    Wie auch immer: Elektriker werden überall gesucht, und manchmal muss man sich halt auch ein bisschen weiterbilden. Dann klappt's auch mit einem neuen Job, vielleicht sogar bei den Erneuerbaren ;-)

  • Das Damoklesschwert des modern(d)en Menschen: DIE BAGGER STEHEN STILL!

  • "Der Kampf um Hambach geht weiter" RWE-Chef Schmitz hört sich so an, als ob er seine "Truppen" in den "Kampf" schicken will. Auch wenn er ankündigt, dass zum Besuch der Kohlekommission am 24. Oktober wohl "Tausende Beschäftigte die Kommission empfangen".



    Information oder Bedrohung?



    Dabei ist er es, der den Zorn der RWE-Mitarbeiter zu verantworten hat. Dass wir in den nächsten Jahren bis 2030 aus der Kohle aussteigen müssen - und auch sozialverträglich können - ist seit mindestens zwei Jahren bekannt (Studien des Wuppertal Instituts, des DIW, des SRU etc.). Nur hat es RWE seinen Mitarbeitern offenbar nicht deutlich genug kommuniziert und sie im Glauben gelassen, sie könnten noch Jahrzehnte in der Braunkohle arbeiten.



    Aber das passt zu einem Konzern, der auch selbst den Anschluss bei den erneuerbaren Energien Jahre verschlafen hat. Dass jetzt also Ansehen, Facebook-Account und Börsenwerte eine Talfahrt machen, war doch wohl abzusehen, oder?

  • Der letzte Absatz ist meiner Meinung nach in seiner Ignoranz verheerend. Denn es wird eine Rechnung aufgemacht, die am Thema vorbeigeht.

    Es sind übrigens etwa 330.000 Jobs bei den Erneuerbaren, aber die sind Deutschlandweit, die sind meistens weder in der Lausitz noch im Rheinischen Revier. Es arbeitet inzwischen mehr als die Hälfte für die Windkraft, die Deutschlandzentrale von Vestas ist in Husum, die von Siemens-Gamesa ist Hamburg, Enercon hat seinen Hauptsitz in Aurich, das ist in Niedersachsen, Richtung NL und Nordsee.

    Außerdem suchen diese Firmen oft völlig andere Qualifikationen als der Bergbau. Wer im Tagebau gearbeitet hat, passt fachlich überhaupt nicht als Elektriker oder Maschinenführer zu den Erneuerbaren.

    Sobald die Arbeitsplätze wegfallen und es keine ausreichend Neue gibt, werden Menschen dort wegziehen. Das bringt den Immobilienpreis unter Druck, die Kaufkraft sinkt und kostet so weitere Stellen im Handel, Gastro etc. was diesen Effekt noch verstärkt.

    Wie soll man dann aber zu einem neuen Job ziehen, wenn man z.B.sein Haus nur mit Verlust verkaufen kann, weil es keiner will und dann auf einmal mit einem ungedeckten Schuldenberg dasteht? Differenz aus Verkaufspreis und Restschuld muss der Verkäufer irgendwie zurückzahlen.

    Das ist wie in den USA, als erstes feiert man johlend die Schließung der Kohle in West Virginia, tut aber überhaupt nichts dafür, den Leuten neue Jobs in ihrer Heimat zu geben. Dann wundert man sich ein paar Jahre später, warum diese Leute einen Populisten wählen, der ihnen das Blaue vom Himmel verspricht.

    Die Dinger zuzumachen ist aufgrund verschiedener Faktoren richtig, aber dann muss man eben parallel einen Plan für mögliche Alternativen haben.

  • Frage: „Was bedeutet der [...] Rodungsstopp im Hambacher Forst ganz konkret für mich“



    Antwort: Nichts!!!

    Es war ja immer einer der Kritikpunkte an der Rodung, dass die bisher genutzte Tagebaufläche noch bis zu einem zu erwartenden Kohleausstieg reicht, einer Erweiterung (in den Urwald hinein) also wirtschaftlich keinen Sinn machen würde.

    Was für Kohle-Kumpel gilt, gilt aber nicht für Forstarbeiter: die haben jetzt erstmal tatsächlich "nichts" zu fällen.

  • Ich plane, mich mit einem Transpi daneben zu stellen, mit der Aufschrift: "Typhus, Cholera und Pest, all das kriegen wir ohne Asbest!"

    Wer macht mit?

  • Divide et impera. RWE hat seinen Machiavelli offenbar gelesen. Der Konzern schickt sich an, von den alten Römern das Siegen zu lernen. Die Medici-Giftmischer wären sicherlich begeistert. Leider haben es die Gewerkschafter nicht so mit Latein oder Geschichte. Und die Umweltschützer auch nicht. Auf giftige Stretegien sind sie nicht sehr gut vorbereitet, wie es aussieht. Kein Wunder, dass RWE so viel Zuversicht ausdünstet.