Arbeitsbedingungen bei „Ryanair“: Einen Betriebsrat per Gesetz
Arbeitsminister Heil will per Gesetz einen Betriebsrat beim Billigflieger ermöglichen. Die Tarifverhandlungen stocken derweil.
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht bislang für das fliegende Personal eine Arbeitnehmervertretung nur dann vor, wenn zuvor ein Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Laut Bundesarbeitsministerium besteht diese Regelung seit 1972.
Das fliegende Personal sei „wegen der besonderen, nicht ortsgebundenen Art der Tätigkeit“ damals aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen worden, teilte das Ministerium der taz mit. Die Regelung fiel so den Tarifparteien zu. Diese Rechtslücke will das Ministerium nun schließen – wohl auch, weil die Tarifverhandlungen zwischen Ryanair und den Gewerkschaften kaum vorankommen. Über den Vorstoß hatte zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.
Ryanair-Mitarbeiter klagen über ihre Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung. Nach einem Treffen mit Beschäftigten der Billigfluglinie am Frankfurter Flughafen hielt Heil dem Unternehmen am Freitag vor, mit seinem Beschäftigungsmodell die Hoffnungen junger Menschen aus ganz Europa zu missbrauchen. Der Konflikt sei mehr als eine Tarifauseinandersetzung, aus der sich die Politik heraushalten würde. „Wer sich so benimmt, legt sich mit der gesamten Regierung eines wichtigen Mitgliedsstaates an“, sagte Heil.
Mit seinem Vorstoß leistet der SPD-Politiker gut eine Woche vor der Wahl in Hessen dem dortigen Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel Wahlkampfhilfe. „Was ich von den Ryanair-Beschäftigten heute hören musste, treibt mir die Zornesröte ins Gesicht“, sagte Schäfer-Gümbel, der mit Verdi-Chef Frank Bsirske bei Heils Presseerklärung zugegen war.
Bei den gleichzeitig am Freitag laufenden Tarifverhandlungen zeichnete sich keine Einigung ab. Man erwarte ein verbessertes Tarifangebot von Ryanair, ließen die Gewerkschaften verlauten. Verdi und die Vereinigung Cockpit fordern für die knapp 1.000 Ryanair-Flugbegleiter deutlich höhere Gehälter sowie Arbeitsbedingungen nach den Standards des Landes, in dem die Mitarbeiter jeweils angestellt sind. „Bei den Arbeitsbedingungen begegnet einem das 19. Jahrhundert“, sagte Bsirske.
Die Gewerkschaften machen eine Lösung des Konflikts außerdem von Regelungen für den Standort Bremen abhängig. Diesen will Ryanair zum 5. November schließen. Das träfe 90 Beschäftigte der irischen Fluggesellschaft. Die Arbeitnehmervertreter verlangen mindestens einen Sozialplan, besser noch eine Fortführung des Standortes. Sonst werde es keine Fortschritte bei den Verhandlungen geben. (mit dpa)
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