piwik no script img

Gebrochene Hände, bedrohte Kinder, verprügelte Antifa

93 Fälle rechter Gewalt zählt der Opferverband VBRG seit den Eskalationen von Chemnitz. Zwei Beispiele

Fall 1: 2. September 2018, bei Leipzig

Jawad M. sitzt am Abend des 2. September mit drei Freunden in seinem Garten in einem kleinen Ort in Nordsachsen.

Seit 2014 lebt der pakistanische Menschenrechtsaktivist mit seiner Familie in Deutschland. Er sei einer der ersten Geflüchteten gewesen, die in der Gemeinde Zuflucht fanden, schrieb die Leipziger Volkszeitung 2016. „Die M. fühlen sich in der Gemeinde wohl und geborgen“, hieß es dort. Die Kinder gehen in die Kita oder Grundschule, der jüngste Sohn ist dort zur Welt gekommen. Zwei maskierte Männer tauchen an dem Septemberabend­ vor der Tür der Wohnung auf, in der zu diesem Zeitpunkt Ms Frau mit den Kindern ist. Die Angreifer rufen rassistische Parolen und schlagen mit Baseballschlägern und Billiardqueues gegen die Tür. Sie ziehen weiter zu Ms Kleingarten und demolieren sein Auto.

Schon vier Wochen zuvor war M. angegriffen worden. Nach einem Stadtfest wurde er von betrunkenen Männern aufgehalten, rassistisch beleidigt und angegriffen. Die Männer brachen ihm beide Hände. M., der IT-Experte, wurde operiert und eingegipst. Im vergangenen Jahr verwüsteten Unbekannte Ms Kleingarten und lösten die Schrauben an den Reifen des Autos der Familie.

Der Süddeutschen Zeitung erzählt er nach dem aktuellen Angriff, er wolle so schnell wie möglich weg aus dem Ort. Seine Familie sei die einzige unter den geflüchteten Familien, die in der nordsächsischen Stadt geblieben sei. Eigentlich wollten sie ihre Kinder hier durch die Kitas und Schulen bringen. Doch jetzt würden die Kinder mit rassistischen Schmähbegriffen beschimpft, seine Frau und er könnten keine Nacht mehr schlafen.

Fall 2: 3. September 2018, München

Am Abend des 3. September läuft eine 19-Jährige durch den Pasinger Stadtpark in München. Auf ihrem Rucksack klebt ein Sticker, auf dem „Antifaschistische Aktion München“ steht.

Plötzlich hört sie hinter sich jemanden „Scheiß Antifas!“ rufen, dann bricht ihre Erinnerung ab. Sie setzt wieder ein, als die junge Frau aufwacht. Sie liegt auf dem Boden, hat eine stark blutende Kopfverletzung. Passanten rufen den Notarzt, die Frau kommt ins Krankenhaus. So beschreibt es ein Artikel bei Vice. Eine Mitarbeiterin der Münchner Opferberatungsstelle „before“ bestätigt den Vorfall. Die Polizei, heißt es in weiteren Pressetexten, ermittle nun „in alle Richtungen“, der Staatsschutz sei eingeschaltet.

AFRO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen