Kommentar Gründung „Juden in der AfD“: Absolution für Antisemiten
Menschen jüdischen Glaubens haben eine eigene Vereinigung in der AfD gegründet. Sie sind nicht viel mehr als nützliche Idioten.
J uden werden in Deutschland heiß geliebt. Besonders gerne schmücken sich Antisemiten mit jüdischen Stimmen. Wenn ein Jude den Zionismus zum Bösen erklärt, freut das alle Israel-Hasser ganz besonders, gibt sein Statement doch den vermeintlichen Beweis dafür her, dass man selbst gar nicht judenfeindlich sein kann. Wenn Juden vor muslimisch geprägtem Antisemitismus warnen, sind notorische Islam-Hasser begeistert ob dieser Unterstützung.
Nicht viel anders verhält es sich mit der am 7. Oktober 2018 gegründeten Truppe namens „Juden in der AfD“. Das kleine Häuflein Mitglieder wird, so viel ist absehbar, von den Rechtspopulisten zum Beweis dafür erhoben werden, dass die AfD keinesfalls eine judenfeindliche Politik verfolgt.
Das von der Partei angestrebte Schächtverbot, die revisionistischen Versuche, Geschichte umzudeuten, und das Bemühen, Gedenken an die NS-Herrschaft und den Holocaust als Selbstgeißelung der Deutschen zu verunglimpfen – all das soll angesichts dessen verblassen, dass es auch Menschen jüdischen Glaubens gibt, die die AfD als ihre politische Heimat betrachten.
Das kleingeredete Problem
Letzteres scheint den Partei-Oberen dringend geboten, denn der Vorwurf des Antisemitismus nagt an der AfD und macht sie für manche aufrechte Konservative unwählbar. Sich dieses Makels mit einem Judenverein zu entledigen, verspricht eine reinigende Absolution.
So sind die Juden in der AfD zur Kategorie der nützlichen Idioten abzubuchen, die antisemitische Äußerungen hoffähig machen sollen, mit denen wiederum der rechtsradikale Rand der Partei bedient wird. Dabei kommt der AfD zugute, dass der von Muslimen ausgehende Antisemitismus ein reales, gerne kleingeredetes Problem in Deutschland darstellt, dem Juden qua ihrer religiösen Zugehörigkeit ganz besonders unterliegen.
Dass sich die jüdischen AfD-Freunde offenbar nicht bewusst sind, für welche Sache sie da funktionalisiert werden, liegt in der Natur der Sache. In allen religiösen Gemeinschaften finden sich ebenso wie unter Atheisten schließlich Menschen mit einem politischen Dachschaden. Bei Juden eine Ausnahme von dieser ehernen Regel anzunehmen würde glatt an Antisemitismus grenzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?