heute in bremen: „Einer der sensibelsten Meeresräume“
Kai Kaschinski, 51, ist Vorsitzender des Vereins für Internationalismus und Kommunikation e.V. und Koordinator der Initiative Fair Oceans.
Interview: Lea Schweckendiek
taz: Herr Kaschinski, wie kann ich mir den Tiefseebergbau vorstellen?
Kai Kaschinski: Im Tiefseebergbau werden tausende Meter unter der Meeresoberfläche Manganknollen, Kobaltkrusten und Sulfiderze abgebaut. In Dunkelheit und Kälte bewegen sich bis zu 15 Meter lange, massiv schwere Geräte, um die Ressourcen abzutragen und an die Oberfläche zu pumpen.
Was bedeutet diese Abbaumethode für die Umwelt?
Etwa in Papua-Neuguinea, wo mit Solwara 1 nun das erste Tiefseebergbauprojekt beginnen soll, wird einer der sensibelsten Meeresräume weltweit mit seiner riesigen Artenvielfalt angegriffen. Als größter Teil des Ökosystems Erde darf die Tiefsee nicht zu einem weiteren Opfer der Industrialisierung werden. Wie groß ist der entstehende Schaden?
Damit sich ein solches Projekt finanziell lohnt, müssen bei der Förderung von Manganknollen über 100 Quadratkilometer im Jahr abgebaut werden. Das ist in einem Jahr mehr Flächenzerstörung als etwa im Hambacher Forst seit Beginn der Rodungen.
Welche Auswirkungen hat das auf die Menschen vor Ort?
Vortrag „Tiefseebergbau im Pazifik –Stimmen des Widerstands“ , 19 Uhr, Übersee-Museum, Bahnhofsplatz 13
Der Abbau so nah an der Küste Papua-Neuguineas ist für die Menschen dort etwa so, als würde man bei uns im Vorgarten buddeln. Deshalb formiert sich ein großer, basisdemokratisch organisierter Widerstand: Die Solwara-Warriors nutzen Aufklärung und Diskurs, um gegen Tiefseebergbau vorzugehen. Reagiert die Firma Nautilus darauf? Die Firma, die das Vorhaben Sowara 1 vorantreibt, versucht derzeit, einen Neubau sanitärer Anlagen als Ausgleichszahlung schmackhaft zu machen. Sie meint, damit könne etwas für den Intellekt und das mentale Niveau der Menschen vor Ort getan werden. Nautilus arbeitet hier mit abwertenden Klischees aus einer falschen Entwicklungspolitik.
Welche Rolle spielt Bremen dabei?
Als Standort maritimer Forschung trägt Bremen eine Verantwortung für die Entwicklungen des Tiefseebergbaus. Ohne die hier betriebene Forschung wären die technischen Möglichkeiten heute lange nicht so fortgeschritten. Und auch ökonomische Interessen spielen eine große Rolle: Die bremische Firma Haaren und Partner hat vor einiger Zeit den ersten Prototypen des Förderschiffes entworfen, das jetzt in Solwara 1 eingesetzt werden soll.
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