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Migrationsexperte über Offenen Brief„Horst Seehofer muss zurücktreten“

Der CSU-Politiker hatte versprochen, ein „Heimatminister für alle“ zu sein. Migrationsexperte Karim El-Helaifi merkt davon nichts.

Hat keinen guten Lauf: Innen- und Heimatminister Horst Seehofer Foto: dpa
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

taz: Herr El-Helaifi, Sie haben an einem offen Brief mitgeschrieben, in dem viele Menschen aus Einwandererfamilien CSU-Innenminister Horst Seehofer zum Rücktritt auffordern. Warum?

Karim El-Helaifi: Seehofer hatte angekündigt, dass er ein „Heimatminister für alle“ sein will. Davon merken wir nichts – im Gegenteil. In einer Zeit, in der Neonazis auf die Straße gehen, den Hitlergruß zeigen und „Ausländer raus“ rufen, erklärt der Bundesinnenminister, Migration sei die Mutter aller politischen Probleme. Damit lässt er bewusst die Interpretation zu, unsere bloße Anwesenheit sei das Problem.

Im Moment gibt er den Heimatminister für ältere, weiße Männer, die sich schwer damit tun, wenn Frauen das Sagen haben und Migrant*innen keine Migrant*innen mehr sind, sondern Deutsche. Das ist für einen Minister 2018 inakzeptabel.

Was wünschen Sie sich stattdessen von einem Innenminister?

Ein klares Bekenntnis zur pluralen Gesellschaft. Wir würden gern mal eine Rede von ihm hören, von mir aus auch im Bierzelt, in der er erklärt, dass rassistische Gewalt und Diskriminierung inakzeptabel sind. In der er uns Menschen aus Einwandererfamilien erklärt, dass er sich um unsere Sicherheit kümmert. Dass er und seine Leute den Rechtsextremismus bekämpfen. Doch die wenigen Dinge, die er in den vergangenen Wochen gesagt hat, klingen eher nach Empowerment für Rechtsradikale.

Sind Sie von der „schweigenden Mehrheit“ ohne Migrationshintergrund enttäuscht?

Im Interview: Karim El-Helaifi

Karim El-Helaifi, ist 1990 in Berlin geboren und Sprecher der "neuen deutschen organisationen", einem bundesweitem Netzwerk gegen Rassismus.

Schweigen heißt immer auch zustimmen. Und wir in Deutschland wissen, welche Gefahr von schweigenden Mehrheiten ausgeht. Dieses Land hat schon einmal versagt, den Anfängen zu wehren. Deswegen muss man auch mal klar sagen: genug ist genug!

Uns jedenfalls reicht es. Wenn ein Bundesminister Migration zur „Mutterproblematik“ erklärt, hat das konkrete Auswirkungen auf den Alltag von People of Color und Schwarzen Menschen in Deutschland. Und das darf ein Heimat-Innenminister nicht zulassen.

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8 Kommentare

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  • "Schweigen heisst immer auch Zustimmung." Blödsinn!

    Ich z.B. bin als Aktivist oder Politiker ungeeignet, voll berufstätig und über fünfzig - also am Wochenende ziemlich ausgepowert.

    Eventuell bin ich ein wenig bequem. Meinetwegen.

    Aber Zustimmung bedeutet das nicht.

    Wie soll denn eine einigermaßen niederschwellige Meinungsäußerung (nicht nur für mich) aussehen?



    Mir fällt gerade keine ein.

  • Immer diese bösen, alten, weissen Männer. Wie man richtig, human und liebenswert mit Einwanderern umgeht, kann man an der ehemaligen britischen Heimatministerin Theresa May sehen. Ihre Hostile-Environment-Policy zeigt wie sensibel und empathisch eine Frau mit dem Thema Migration umgeht.

    P.S.: Was ist eigentlich der Unterschied zw. PoCs und Schwarzen? Habe ich da wieder ein linguales Feintuning im Identity-Vokabular nicht mitgekriegt?

    • @Adele Walter:

      PoCs sind schlicht alle außer Weiße, quasi die nichtweiße Gesamtheit des Planeten. Schwarze sind nur eine Teilmenge davon.

      • 9G
        99663 (Profil gelöscht)
        @Mephisto:

        ja nun, herr el-helaifi, sie erwarten im ernst von unserem heimatmuseumsdirektor, dass er sich zur pluralen gesellschaft bekennt? der herr hat ja schon mit preussen und friesen ein problem. it's the csu, stupid, möchte man ihm zurufen. aber gemach: auf angies abschussliste steht erst maaßen, dann seehofer. wird schon.

      • 9G
        99663 (Profil gelöscht)
        @Mephisto:

        und dieser ausdruck gilt als allgemein neutral und diskursfähig? ist denn weiß im sinne der hautfarbe keine farbe? und zeugt nicht gerade diese bezeichnung andersherum wieder von einem denken, dass weiße über, neben oder meinethalben ggf. auch unter alle andern stellt, auf jedem fall auch wieder eurozentristisch ausgrenzend wirkt? es ist und bleibt ein kreuz mit der sprache...

      • @Mephisto:

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        Die Moderation

        • @Adele Walter:

          Schade - too late!;((

          Wird - wie immer - was genaues gewesen sein. Mist aber auch.

  • Falsch verstanden, der Böse alte Mann aus Bayern meint nicht "Heimat" sondern "Heim ins Reich" - that's all. Ernsthaft: Die Union hat sich seit den 1960er Jahren gegen die Integration der "Gastarbeiter" als gleichberechtigte Mitbürger gestellt. Sie sollten für uns Deutsche die Drecksarbeit leisten, um abgearbeitet und rentenreif in die 'Heimat' abgeschoben zu werden. Darin war sich die Union mit großen Teilen der SPD einig. "Wir riefen Gastarbeiter aber es kamen Menschen". Deutschlands 'Erfahrungen' mit Arbeitnehmern aus anderen Ländern basierten auf der Nazi-Zeit, in der Millionen Zwangsarbeiter hier für den Krieg schuften mussten und in Konzentrationslagern eingesperrt waren. Die Masse der Deutschen sah in ihnen 'Untermenschen' und noch in den 60ies hatten sich viele Nazi-Ressentiments in deutschen Köpfen gehalten. "Katzelmacher" "Kümmeltürken" "Die sind schnell mit dem Messer" "Die wollen nur unsere Frauen".