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Wolfgang Niedecken über Soli-Konzert„Buntes Chemnitz nicht alleinlassen“

BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken engagiert sich seit langem gegen Rassismus. Über den Vorwurf, das Soli- Konzert sei nur eine Party gewesen, kann er nur lachen.

Respekt vor engagierten Kollegen: Wolfgang Niedecken von der Kölner Band BAP Foto: dpa
Jan Feddersen
Interview von Jan Feddersen

taz: Herr Niedecken, Sie haben 1992 ein Konzert veranstaltet, der Titel lautete „Arsch huh, Zäng ussenander“, also aus dem Kölschen ins Deutsche übersetzt: „Arsch hoch, Zähne ausein­ander“. Erinnern Sie sich?

Wolfgang Niedecken: Unsere Gründe für die Kampagne gegen rechte Gewalt waren die gleichen wie in den Tagen in Chemnitz. Damals brannten auch schon Flüchtlingsheime, Unterkünfte von Asylbewerber. Wir wollten ein Zeichen setzen – und das ist uns ja auch gelungen. Am 9. November 1992 kamen auf dem Chlodwigplatz in Köln 100.000 Menschen zusammen. Ein Wahnsinn, wir hatten doch nur mit allerhöchstens 25.000 gerechnet.

Waren denn auch Leute dabei, die nicht schon vorher eure Fans waren?

Und wie! Unsere Fans kamen auch, klar. Auch die der anderen Bands, die waren alle auch bekannt, spielten auf Bürgerfesten, im Karneval. Dass wir dabei waren, macht mich bis heute stolz.

Im Interview: Wolfgang Niedecken

geboren 1951 in Köln, ist Gründer, Sänger und Texter von BAP, einer der wirkungsmächtigen deutschen Bands.

Wie hast du das Konzert in Chemnitz am Montagabend gesehen?

Ich war nicht dabei, aber ich habe es im Fernsehen gesehen. Wenn es jetzt heißt, das sei doch nur eine Party gewesen, kann ich nur lachen. Selbst wenn! Die Botschaft war doch, sich nicht allein zu fühlen, wirklich ein Symbol zu sein, das allen, die vor den Rechten Angst haben, zeigt: nicht nur vereinzelt zu sein.

Es heißt nun, die da auf der Bühne standen, seien die üblichen Verdächtigen gewesen.

Wenn ich das schon höre: Quatsch. Am besten fand ich erstens, dass die Leute von Kraftklub ja den Hut aufhatten: Die kommen doch aus Chemnitz, die sind, wenn man so will, eine Heimatband. Und dass Marteria, Casper, K.I.Z. und Feine Sahne Fischfilet ziemlich spontan Zeit hatten und mitmachen wollten, spricht ja auch für das Gefühl, das bunte Chemnitz nicht alleinlassen zu wollen.

Von Roland Kaiser abgesehen, hielt sich ja die Schlagerszene komplett zurück.

Vor Roland Kaiser habe ich Respekt. Der spielt in Dresden und macht klare Ansagen, auch vor Fans, die sich eher der Pegida zuzählen. Nee, der Kaiser ist eine Ausnahme, SPD-Mitglied und ohne Angst, sich mit Fans auch anzulegen.

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2 Kommentare

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  • Mit der zeitweiligen Befriedigung von Konsum- und Musikbedürfnissen kann man den Rassismus nicht mit der Wurzel im Kapitalismus Deutschlands ausrotten!

    Mit Kommerz und Musik ist ein ernsthafter Kampf gegen Rassismus und Kapitalismus nicht möglich!

    Ein Zeichen für profitablen Absatz ihrer Musik, oder ein Zeichen gegen Rassismus?

    Doch nur eine billige Werbeveranstaltung für ihre Musik-Konsumenten?

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      Angesichts des aktuellen Geschäftsmodelles der meisten Bands, durch Konzertauftritte ihr Brot zu verdienen, ist ein kostenloses Konzert keineswegs kommerziell. Sondern tatsächlich ein Geschenk, dem Dank gebührt!