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Botschaft von IS-Anführer al-BaghdadiWarte noch ein Weilchen

Erstmals seit rund einem Jahr soll sich IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi zu Wort gemeldet haben. Der Sieg im „heiligen Krieg“ könne noch dauern.

Abu Bakr al-Baghdadi: Screenshot aus einem Video aus dem Jahr 2014 Foto: dpa

Berlin taz | Der angebliche Anführer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Abu Bakr al-Baghdadi soll sich erstmals seit September 2017 zu Wort gemeldet haben. In einer fast einstündigen Audiobotschaft, die über verschiedene Propaganda-Kanäle von Dschihadisten verbreitet wurde, ruft ein Sprecher zu Geduld auf. Anhänger im Westen fordert er auf, weiter Bomben- oder Messerattacken zu verüben. Wer den „heiligen Krieg“ fortsetze, werde „siegreich“ sein. Dies könne jedoch eine Weile dauern.

Ob die Aufnahme tatsächlich von Abu Bakr al-Baghdadi stammt, ist unklar. Sicher ist hingegen, dass sie ihm zugeschrieben wird und als solche in dschihadistischen Kreisen verbreitet wird. Da sich der Sprecher auf aktuelle Ereignisse bezieht – etwa auf den Streit um den in der Türkei festgehaltenen US-Pastor Andrew Brunson –, muss die Aufnahme aus den vergangenen Tagen stammen.

Die Nachricht wurde unter anderem von der Furkan Mediengruppe des IS sowie auf verschiedenen einschlägigen Kanälen im Chat-Dienst Telegram verbreitet. Anlass für die Veröffentlichung war das muslimische Opferfest, das am Dienstag begann. Zuvor war eine Rede al-Baghdadis angekündigt worden.

In der Audiobotschaft holt der Sprecher zum Rundumschlag aus: Das „Kalifat“ des IS werde fortbestehen. Den USA und Russland droht er mit Anschlägen, da beide Offensiven gegen den IS unterstützten. Er übt Kritik an Rebellengruppen in Syrien, die Vereinbarungen mit der syrischen Regierung getroffen haben und rief Oppositionskämpfer auf, sich dem IS anzuschließen.

Außerdem reklamiert der Sprecher die Schießerei Ende Juli im kanadischen Toronto für den IS. Zwei Menschen wurden damals getötet. Ermittler sahen jedoch keinen Zusammenhang mit islamistischem Terror.

Analysten: Al-Baghdadi ist der Sprecher

Verschiedene Analysten halten es für wahrscheinlich oder gar gesichert, dass die Nachricht tatsächlich von al-Baghdadi stammt. „Baghdadis Rede versucht, den Unterstützern zu versichern, dass der IS standhält“, schreibt Rita Katz vom US-Monitoring-Unternehmen SITE, die zuvor noch angezweifelt hatte, dass tatsächlich al-Baghdadi die angekündigte Rede halten würde.

Auch Charlie Winter vom Forschungsinstitut ICSR des King's College in London zeigte sich am Donnerstag gewiss, dass al-Baghdadi der Sprecher ist: „Er hat eine ziemlich gut erkennbare Stimme und Art zu sprechen“, zitiert ihn die BBC, „es ist, meiner Meinung nach, eindeutig er“.

Al-Baghdadi war bereits mehrmals totgesagt worden. Das russische Verteidigungsministerium verkündete im Juni 2017, dass al-Baghdadi mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem russischen Luftangriff in der Umgebung der syrischen Stadt Rakka getötet worden sei. Regierungen anderer Länder meldeten Zweifel an der Darstellung an. Ein irakischer Geheimdienstvertreter erklärte im Mai, al-Baghdadi halte sich in Syrien nahe der Grenze zum Irak auf. Die US-Regierung hat ein Kopfgeld von 22 Millionen Euro auf al-Baghdadi ausgesetzt.

Der IS hatte 2014 weite Teile Syriens und des Iraks erobert, kontrolliert mittlerweile aber nur noch wenige Landstriche. Zuletzt berichte eine Expertengruppe des UN-Sicherheitsrats, dass die Terrormiliz immer noch Zehntausende Kämpfer in den beiden Ländern haben könnte. Experten bezweifelten die hohen Zahlen jedoch.

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7 Kommentare

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  • Völlig unsinniges abstruses Gerede von Rolf B und "Karavanserai":



    1. Dschihadismus ist z.B. in den 80er Jahren mit Abdullah Assam (Azzam) als Prediger / Chefideologe entstanden.



    Jede Person handelt eigenständig und ist für ihr Handeln verantwortlich.



    Sie haben da einen kolonialen Blick auf den Orient.



    2. Ich beklage allerdings, dass niemand in den westlichen Regierungen je erwogen hat, das Assad-Mafia-Terror-Regime zu stürzen.



    3. Deutschland ist ein Verwaltungsstaat und hat durch den Marsch der Hoffnung keine Versorgungsengpässe oder irgendeine Form der Krise erlebt.



    Es gibt weltweit eine Flüchtlingskrise, z.B. im Libanon.



    4. Es war keine Einwanderung, und nicht unkontrolliert.



    Wir begrüßten die Geflüchteten, dafür, dass sie die gefährliche Strecke überlebt hatten und haben.

    • @nzuli sana:

      Wann waren Sie das letzte mal in El Quds?

      • @Karavanserai:

        In Jeruschalajim war ich am letzten tisch'a beAv im Juli, was hätte mir da zum Thema Daesh auffallen sollen oder müssen?

  • Es ist zu befürchten, dass der Regimechange in Damaskus bei einigen Regierungen der westlichgen Wertegemeinschaft einen wesentlich höheren Stellenwert hatte als der Kampf gegen den IS. Ich erinnere daran, dass zeitweise islamistische Terrororganisationen als "moderate Rebellen" bezeichnet und zum Teil unterstützt wurden. So wundert es nicht, wenn der IS noch in größerer Kampfstärke existieren würde. Und es würde mich auch nicht überraschen, wenn durch den IS und/oder in seinem Namen in Zukunft weitere hinterhältige Attentate zu erwarten wären. Allerdings bin ich erstaunt, wie relativ wenig trotz der unkontrollierten Einwanderung in DE bisher passiert ist.

    • @Rolf B.:

      Der Westen war ja sozusagen die Hebamme bei der Geburt des IS. Warum Deutschland derzeit nicht dessen primäres Ziel ist, müsste Ihnen eigentlich klar sein und dass dieser keine Flüchtlingskrise braucht, um Aktivisten ins Land zu schleusen, sollten auch Sie wissen.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Karavanserai:

        ..."die Hebamme" waren die USA.



        Deutschland war unter Rot/Grün am zweiten Krieg gegen den Irak nicht beteiligt (Merkel wollte damals unbedingt 'mitmachen').



        Vielleicht sollten Sie etwas Grundlagen-Recherche betreiben, bevor Sie antworten.



        Der IS, oder ISIS, wurde im Irak 'geboren' und die USA waren später die 'Taufpaten', siehe Entwicklung in Syrien.

        • @81331 (Profil gelöscht):

          Der Krieg war bereits beendet, als unsere Regierung eine Beteiligung ausschloss. Schröder wusste das. Tatsächlich hatte sich Deutschland logistisch beteiligt.