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Steht ihr gut

Angetreten, um den Kunstmarkt der Hauptstadt zu sichern, hat sich die auf viele Orte verteilte Berlin Art Week zum wichtigsten Kunstevent des Jahres gemausert. Dabei lässt sich auch gut Berlin erkunden

Ortswechsel: Letztes Jahr fand die Kunstmesse Positions noch in der Kreuzberger Arena statt, dieses Mal nun im stillgelegten Flughafen Tempelhof Foto: Karsten Thielker

Von Jana Janika Bach

Neben dem Gallery Weekend im Frühling ist die Berlin Art Week (BAW) das Kunstereignis der Hauptstadt. Längst hat sie sich als Termin, auch im Kalender eines internationalen Publikums, konsolidiert. 2017 besuchten mehr als 110.000 Gäste die Veranstaltungen der Berliner Woche für zeitgenössische Kunst, die wohl auch in diesem Herbst das Stadtbild für einige Tage bestimmen wird.

An der diesjährigen siebten Ausgabe werden sich 15 Museen und Ausstellungshäuser, zwei Kunstvereine, ein Theater, sowie elf Berliner Privatsammlungen und 20 Projekträume beteiligen. Ein Mammutprojekt, das „im gut funktionierenden Schulterschluss“, mit festen Partnern und einem Beirat, der gemeinsam entscheidet, gestemmt wird, erklärt Simone Leimbach von den Kulturprojekten Berlin, dem landeseigenen Veranstalter der Berliner Art Week.

Nach Hickhack um die BAW und ihre Organisationsstruktur bilden die beiden Kunstmessen Art Berlin und die junge Preview noch immer das Herzstück der Kunstwoche. Man habe auf die letzte Septemberwoche ausweichen müssen, so die Messeleiterin Maike Cruse vor einigen Monaten, zum ursprünglich Termin seien alle Locations ausgebucht gewesen.

Kurzerhand wurde die gesamte Art Week verschoben und ein Ortswechsel angekündigt: Erstmals wird der stillgelegte Flughafen Tempelhof als Messegelände genutzt – nebenan auf dem Tempelhofer Feld kann man sich von der vielen Kunst den Kopf durchpusten lassen, spazieren gehen und die Abendsonne genießen.

Etwas ungünstig ist allerdings, dass der neue Termin sich nun mit den Laufzeiten der Expo Chicago und Vienna Contemporary überschneidet. Künftig will man sich deshalb um längerfristige Mietverträge kümmern und wieder Mitte September platzieren.

Mit rund 120 Galerien wird sich die Art Berlin in den Hangars 5 und 6 vorstellen. An einem Gemeinschaftsstand rücken vier Galerien aus Österreich das Medium Skulptur in den Fokus. Die Special Projects sind 28 Einzelpositionen vorbehalten und für den „Kunstsalon“ hat der Kurator Tenzing Barshee Künstler internationaler Galerien zusammengebracht.

Da die Positions Berlin Art Fair, die seit 2014 insbesondere eine Plattform für Nachwuchskünstler stellt und die zuletzt auf dem Gelände der Kreuzberger Arena untergebracht war, ebenfalls in den Hangars (mit über 70 Galerien) Einzug hält, kann das Publikum erstmals beide Messen an einem Ort begehen.

Alles zu sehen ist dennoch unmöglich. Es werde immer daran getüftelt, die Woche einer gewissen Dramaturgie zu unterstellen, so Leimbach. In der Vergangenheit arbeiteten einige der Häuser etwa gemeinsam zu „Painting forever!“ oder „STADT/BILD“. Indes setzt diese Art Week wieder auf Schwerpunkte.

So wird 2018 die Fotokunst groß gefeiert. Auch da die Eröffnung der Kunstwoche durch die Verschiebung nun mit der des EMOPS, dem Festival zum Monat der europäischen Fotografie, zusammenfällt. Daher kann in der Fotogalerie C/O Berlin am Bahnhof Zoo außer in das Werk des Fotografen Nicholas Nixon mit „Back to the Future“ebenso in die frühe Fotografie des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart eingetaucht werden. In „Absurde Routinen“, einer Gruppenschau im Neuköllner KINDL, brechen die Fotografen Louis de Belle, Ben Zank oder Sandra Lazzarini mit Alltagsabläufen. Und der me Collectors Room in der Auguststraße setzt Fotografisches aus der Sammlung Olbricht mit Artefakten der Wunderkammer in Dialog.

Zu entdecken gibt es außerdem auffällig viele „Raumexperimente“: In der Berlinischen Galerie in der Alten Jakobstraße führt eine multimediale Rauminstallation Julian Charrières die Besucher unter die Wasseroberfläche des Pazifischen Ozeans. Um an diesem unwirklichen Ort die Einflussnahme des Menschen physisch erfahrbar werden zu lassen, begab sich der ehemalige Ólafur-ElíassonSchüler 70 Jahre nach den ersten US-amerikanischen Kernwaffentests auf Bikini-Atoll-Expedition.

„Crash“ hingegen wird als Erlebnisparcours den Martin-Gropius-Bau gegenüber des Berliner Abgeordnetenhauses bespielen. Eine Ausstellung der Performance- und Installations-Künstlerin Lee Bul, die dafür bekannt ist, Utopie und visionäre Architektur oder das Erleben ihres Heimatlandes Südkorea, in permanenten Konflikt, zusammenfließen zu lassen.

Die Berliner Festspiele bringen in ihrem neuen Projekt „The New Infinity“ eine mobile Kuppel auf dem Kreuzberger Mariannenplatz zum Einsatz. Und das Jüdische Museum siedelt Mischa Kuballs Licht- und Klangskulptur vom Libeskind-Bau um, ebenfalls in den Kreuzberger Stadtraum.

Außer Frage steht, dass die siebte BAW extrem viele Sonder- und Einzelschauen, Neu- und Wiedereröffnungen bietet. Erstmalig zugänglich wird der restaurierte Bilderkeller mit großflächigen Wandbildern von etwa Harald Metzkes oder Horts Zickelbein in der Akademie der Künste am Pariser Platz sein.

Die Deutsche Bank lädt dagegen in ihr neues Kunst-, Kultur- und Sportforum PalaisPopulaire Unter den Linden ein, und das Haus am Waldsee in Zehlendorf feiert die Fertigstellung seines Hauptgebäudes in Zehlendorf nach der Generalsanierung mit Arbeiten von Karin Sander. Das KW Institute for Contemporary Art widmet sich dem Werk Evelyn Taocheng Wangs und der Hamburger Bahnhof dem Agnieszka Polskas. Der Neue Berliner Kunstverein zeigt in Mitte „A 37 90 89. Die Erfindung der Neo-Avantgarde“ und das Tiergartener HKW eine Schau zur Situationistischen Internationalen.

Mit eigenen Ausstellungen stellen sich auch die 20 Gewinner des Preises für künstlerische Projekträume und -initiativen vor, etwa Ashley Berlin, Decad oder MAVRA. Zugleich finden die Verleihungen des Hannah-Höch-Preises und erstmalig die des Berlin Art Prize statt.

Bislang wurde die Berlin Art Week von der Wirtschaftsverwaltung bezuschusst. In diesem Jahr erhält sie erstmalig eine zusätzliche Finanzspritze durch den von der Kulturverwaltung neu ins Leben gerufenen Berliner Festivalfonds. „Ein Schritt in die richtige Richtung“, so Leimbach, „der mehr Planungssicherheit verspricht“. Jedenfalls entspricht eine solche senatsübergreifende Doppelförderungsstruktur wohl besser einer BAW, die ja sowohl den Kunstmarkt repräsentiert als auch eine freie Szene.

Die Stadt , in der immerhin um die 20.000 Künstler produzieren, kann dabei nur gewinnen: Sie steht ihr gut, die Berliner Kunstwoche, was man nicht von vielen ihrer Schützlinge sagen kann.

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