: Auf rasanten Rädern
Die Rollstuhlbasketball-WM begeistert mit Schnelligkeit und Intensität. 28 Mannschaften kämpfen derzeit in Hamburg um die WM-Titel der Männer und Frauen. Deutsche Damen qualifizieren sich für K.O.-Runde
Von Alina Götz
Quietschende Reifen, aufeinander krachendes Metall, Laola-Wellen und Trommelwirbel: Es ist Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg. 28 Teams aus 19 Nationen kämpfen im Inselpark Wilhelmsburg bis zum 26. August um die WM-Titel der Männer und Frauen.
Rollstuhlbasketball, seit 1960 paralympisch, begeistert mit Tempo und der Faszination für das Sportgerät Rollstuhl. Die Regeln gleichen bis auf wenige Ausnahmen denen im Fußgänger-Basketball – ja, auch die Höhe des Korbes ist identisch. Die Taktik eher weniger: Sich gegenseitig frei zu spielen hat Priorität – Alleingänge funktionieren nicht, wenn eine Lücke nun mal zu klein für den Sportrolli ist. Auch durch den vergrößerten Abstand zum Korb sind gute Wurfpositionen wichtig. Um Lücken zu schaffen, wird das Tempo enorm hochgehalten. Schnelle Wendungen sind ein Muss, genau wie die Koordination von Rollstuhl und Ball. Und es wird geblockt, aufgefahren, eingekeilt. Es kracht nicht selten. Wenn einer mal umkippt, schafft er es je nach Grad seiner Einschränkung allein wieder auf die Räder, oder zwei Kolleg*innen packen mit an.
Im ausverkauften Eröffnungsspiel besiegte die deutsche Herrenmannschaft Marroko deutlich mit 84:40. Deutschland agierte planvoller und schneller als der am Ende merklich angefressene Afrikameister. Nationalspieler André Bienek kämpfte trotz des ungefährdeten Sieges bis zur letzten Sekunde aggressiv um jeden Ball. „Wenn man jetzt abschaltet, schaltet man das Turnier ab. Das geht nicht anders.“ Zumal die stärkeren Gegner noch folgten.
Diese Intensität fasziniert – und macht neugierig. Wie ist es wohl, einen Freiwurf auf einen drei Meter hohen Korb nur mit der Kraft aus dem Oberkörper auszuführen? Ausprobieren ist hier kein Problem. Neben inklusiven Kulturangeboten bietet das Rahmenprogramm jede Menge Sport. Nicht nur Rollstuhlbasketball kann getestet werden, auch Blindentischtennis, Para Kanu und Rolli-Zumba.
Deutschlands Frauen starteten ebenfalls erfolgreich ins Turnier. Mit hohem Tempo und einem Abwehr-Bollwerk besiegten sie Algerien mit 87:24. Das Spektakel sahen allerdings nur rund die Hälfte der Zuschauer*innen des Herrenspiels. Ob wegen der Prime Time oder des vermeintlich uninteressanteren Spiels, bleibt unklar. Auch ein Großteil der Presse hatte sich verabschiedet.
Nervt das nicht? Nationalspielerin Anne Patzwald, die bei den BG Baskets Hamburg in der Ersten Bundesliga spielt, wünscht sich natürlich eine volle Halle. „Aber ich konzentriere mich total aufs Spiel.“ Mit dem ist Patzwald zufrieden, wünscht sich aber für die kommenden Spiele mehr Aggressivität.
Spieler Bienek behielt mit seiner Prognose recht: Die Herren unterlagen in einem packenden Spiel knapp dem Iran. Morgen entscheidet sich, ob sich das Team für das Viertelfinale, welches am Mittwoch startet, qualifizieren kann. Bislang warten die Herren noch auf die erste WM-Medaille. Die Damen sind hingegen ungeschlagen und bereits sicher im Viertelfinale. Für sie wäre ein WM-Gold nach zweimaligem Silber eine Premiere.
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