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Streit um TV-RechteBald wieder ein echter Hallensport

Die Handball-WM 2019 findet in Deutschland und Dänemark statt. Nun droht, dass keine Fernsehbilder im Free-TV gezeigt werden können.

Vielleicht darf Maskottchen Stan nur in der Halle motivieren Foto: reuters

Berlin dpa/taz | „Ein absoluter Super-GAU“, so bezeichnete Stefan Kretschmar das Szenario, das sich abzeichnet. „Die Folgen für den Handball wären nicht absehbar.“ Und Rückraumspieler Kai Häfner sagt: „Ich würde es eine Katastrophe finden.“ Noch ist nichts entschieden, der Schaden aber in Teilen schon angerichtet. Der Handball, der vor der von Deutschland und Dänemark gemeinsam ausgerichteten WM 2019 damit liebäugelt, sich entschieden als Nummer zwei hinter dem Fußball zu platzieren, ist möglicherweise nicht im Free-TV zu sehen.

Schon 2015 und 2017 gab es bei den WMs der Männer keine Übertragung im Free-TV; 2015 war Handball nur im Bezahlfernsehen zu sehen, 2017 nur im Netz. Seinerzeit lag es an Problemen mit der katarischen Agentur beIN Sports: Da die Spiele unverschlüsselt per Satellit ausgestrahlt werden sollten, hätte man sie auch in Ländern mit einem Pay-TV-Kontrakt kostenfrei gesehen. Bei der Frauen-WM 2017 in Deutschland konnte man sich mit beIn Sports erst kurz vor knapp einigen.

Seit 2018 hat der Handball-Weltverband IHF jetzt einen Kontrakt mit der Agentur MP & Silva, aber das Glück ist dem Handball wahrlich nicht gegeben: MP & Silva, Berichten zufolge deutlich zugänglicher als beIN Sports, soll in heftigen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Eine Pleite scheint zumindest möglich. Der Deutsche Handballbund (DHB) weiß seit etwa drei Wochen von den Problemen. Weil aber nicht die nationalen Verbände, sondern der Weltverband IHF für die Deals verantwortlich ist, bleibt dem DHB nur eine passive Rolle. „Wir müssen alle abwarten, was die IHF macht“, sagte ein DHB-Sprecher der taz.

Für den deutschen Handball sind die Turbulenzen besonders bitter, weil man sich in Erinnerung an die enorm populäre WM 2007 und die EM 2016 erneut gute Quoten und einen Schub für den nationalen Handball erhofft hatte. Den Endspielsieg der deutschen Männer über Polen hatten 2007 über 16 Millionen Menschen verfolgt. Und das EM-Finale 2016, als Deutschland in Breslau Spanien besiegte, sahen fast 13 Millionen Zuschauer.

Massive Abhängigkeit

Exbundestrainer Heiner Brand zumindest verkündete, dass die Hallen bei der WM 2019 „bei den deutschen Spielen ausverkauft sein werden“.

Der Exnationaltrainer lenk­te die Diskussion auf das zentrale Problem: die massive Abhängigkeit der Verbände von den Rechteagenturen. „Die Übertragungsrechte werden vergeben, und dann ist man abhängig von den Anbietern“, so Brand.

Das kann ein Riesenwirrwarr werden

Axel Balkausky, ARD

Problematisch ist das für den DHB nicht nur aufgrund potenziell verlorener Zuschauer, sondern auch für die Planung des Turniers. Die genaue Ansetzung der Spiele funktioniert, wie bei Übertragungen üblich, in Absprache mit dem TV-Partner. Wenn aber plötzlich der Rechteinhaber kollabiert, wird es schwierig. Tickets wiederum können erst verkauft werden, wenn der Spielplan feststeht.

ARD und ZDF haben Interesse daran, die WM zu übertragen. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky: „Wir hatten Gespräche mit der Agentur, die sind vorletzte Woche plötzlich abgebrochen worden. Die Si­tua­tion ist völlig offen. Wir wissen nicht, mit wem wir jetzt reden müssen. Das kann ein Riesenwirrwarr werden.“ MP & Silva wollte sich gegenüber dpa nicht äußern. Die IHF hat eine Stellungnahme angekündigt.

Im Falle einer möglichen Pleite des Rechteinhabers müssten die Vermarktungsrechte an den WMs bis 2025 eigentlich neu ausgeschrieben werden. Dazu aber ist im Fall der deutsch-dänischen WM mutmaßlich keine Zeit.

Als es um die Teilnahme der Handballer an den jüngst über die Bühne gegangenen European Championships in Glasgow und Berlin ging, hatte der europäische Verband noch abgesagt. Zu sicher war man bei Handballfunktionären, eine derart attraktive Marke zu haben, die sich nicht mit anderen olympischen Kernsport­arten verbünden müsse.

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