AfD-Akademikerverband geplatzt: Kritische Öffentlichkeit unerwünscht
Nachdem ein Treffen der Initiative „Korporierte in der AfD“ bekannt wurde, folgte die Absage. Sie wollte einen AfD-nahen Akademikerverband gründen.
Am Samstag wollte die Initiative „Korporierte in der AfD“ einen eigenen Akademikerverband gründen. Die Gründung sollte im Thüringer Landtag stattfinden, von 14 bis 18 Uhr war das Treffen der Initiative um den Burschenschafter Christoph Birghan geplant. Kurzfristig sagten die Organisatoren die Veranstaltung ab, so interne Informationen.
Im Raum F 101 wollten die Alten Herren und aktiven Burschenschafter den Vorstand wählen und die Satzung beschließen. „Nur der Plenarsaal des Landtages kann mehr Personen aufnehmen“, sagt Katharina König-Preuss, Landtagsabgeordnete der Linken. Sie will im Landesparlament nachfassen, wie es zu der geplanten Raumnutzung kam. Denn ohne klare Angaben zu Veranstaltungen im Landtag können Landtagsabgeordnete nicht die staatlichen Räume nutzen, so König-Preuss.
Die Landtagsinformation zur Raumnutzung wirft auch Fragen auf. Für den Tag hatte die AfD-Fraktion die Nutzung von F 101 ab 14 Uhr beantragt – bis etwa gegen 19 Uhr. Als Thema wird in der Landtagsinformation, die der taz vorliegt, aber nicht die Gründung eines Akademikerverbandes angegeben, sondern „Treffen d. AfD-Fraktionen“.
Die problematische rechtliche Lage scheint aber weniger zu der kurzfristigen Absage geführt zu haben, als vielmehr die öffentliche Aufmerksamkeit. Am Freitagnachmittag hatte die taz über die Gründung berichtet und die Autonome Antifa Freiburg eine 34-Seitiges Dossier zu der Initiative online gestellt. Noch am Freitag erfolgte die Absage Birghans. In einer Email heißt es, dass man sich aufgrund der „Veröffentlichungen im Antifa-Milieu“ und der taz entschlossen habe, „schweren Herzens“ das „morgige Treffen“ abzusagen.
Verbindungen zur rechtsextremen Szene
Mit dem Treffen „unter sich“ wollte die Initiative wohl eine Struktur schaffen, um die AfD weiter auf radikalnationalistischem Kurs voranzutreiben. Die Ortswahl dürfte kein Zufall sein. Der AfD-Landesverband um den Thüringischen Landtagsfraktionsvorsitzenden und Landesparteichef Björn Höcke gehört zum weit rechten AfD-Milieu.
Als einer der Organisatoren des Treffens taucht auch ein enger Mitstreiter Höckes auf: Torben Braga, Mitglied der Marburger Burschenschaft Germania und Referent der AfD-Fraktion. 2015 wollte die AfD den damaligen Sprecher des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ als Praktikant in den Innenausschuss schicken, dem Gremium, dass sich auch mit den Entwicklungen des Rechtsextremismus im Bundesland beschäftigt.
Die „Deutsche Burschenschaft“ ist mit ihren Diskussionen über Abstammungsprinzipien immer weiter nach rechts gerückt, sagt Katharina König-Preuss. Und sie erinnert daran, dass nicht nur Bragas Burschenschaftverbindungen zur rechtsextremen Szene hat: „Das Dossier macht deutlich, aus welchem Spektrum sich der Akademikerverband zusammensetzen wird – von rechtskonservativen über völkisch-nationalistischen bis hin zu den Nationalsozialismus verherrlichenden Positionen ist alles dabei.“ Das Ziel sei offensichtlich: die politische Einflussnahme auf gesellschaftliche Debatten durch enge Anbindung an eine Rechtsaußen-Partei nach dem Vorbild der österreichischen FPÖ, so König-Preuss.
Die Initiative plant offenbar, die Veranstaltung nachzuholen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden