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Klage gegen Groß-HühnerställeSchöne Zahlen für Mäster

Der Umweltverband BUND klagt gegen die Genehmigung zweier großer Ställe in Niedersachsen: Die Investoren hätten nicht genug Land, um Futter zu produzieren.

Wer viele hält, muss auch viel Futter beibringen: Masthähnchen im Ställ Foto: Foto: dpa

Hamburg taz | Gegen zwei Hähnchenmastanlagen für jeweils fast 40.000 Tiere im niedersächsischen Landkreis Rotenburg hat der BUND Niedersachsen Klage eingereicht. Der Umweltverband kritisiert insbesondere ein Gutachten der Landwirtschaftskammer: Es hatte einem Landwirt in Zeven bescheinigt, ausreichend Futter für die Tiere in dem Betrieb selbst anbauen zu können. Das ist die Voraussetzung für die Genehmigung der Ställe.

Der BUND wirft der Landwirtschaftskammer – einer Körperschaft öffentlichen Rechts wie etwa die Handwerkskammer – vor, bei der Berechnung dieser „Futtergrundlage“ zu großzügig vorzugehen. „Zeven ist kein Einzelfall“, kritisiert der BUND-Landesvorsitzende Heiner Baumgarten. „Hier wird bewusst schöngerechnet.“ In Niedersachsen würden auf dieser Basis möglicherweise Hunderte von Ställen zu Unrecht im Außenbereich – außerhalb der Dörfer – genehmigt.

Problem Nährstoffüberschüsse

Dem BUND geht es darum, die Umweltverschmutzung durch die Riesenställe zu begrenzen: Die Nährstoffüberschüsse aus Massentierhaltungen belasten Grundwasser und Flüsse. „Die Konzentration von Tierplätzen in einem Stall bringt auch konzentrierte Auswirkungen von Feinstaub, Keimen, Geruch, Ammoniak- und Stickstoffdepositionen für Anwohner und Umwelt mit sich“, warnte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) schon vor zwei Jahren mit Blick auf die Gutachten der Landwirtschaftskammer. Das im Zuge der Stickstoffdüngung in den Boden gelangende Nitrat reichert sich im Grundwasser an, was die Trinkwasserversorgung schwierig macht.

Bei der Novelle des Baugesetzbuchs 2013 hat der Bundestag deshalb maximale Tierzahlen für die Ställe festgelegt. So sind Ställe, in denen mehr als 30.000 Masthähnchen, 600 Rinder oder 4.500 Schweine gehalten werden sollen, außerhalb eines Dorfes nur noch zulässig, wenn sie eine ausreichende Futtergrundlage haben.

Das bedeutet laut Baugesetzbuch, dass „das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen“ erzeugt werden muss – oder zumindest werden kann. Darüber, wie das auszulegen ist, haben der BUND und die AbL auf der einen und die Landwirtschaftskammer auf der anderen Seite unterschiedliche Auffassungen.

Falsche Futterpflanzen

Nach Auffassung der Kammer reicht bereits der theoretische Futteranbau aus

„Das Futter muss für die jeweilige Tierart geeignet sein“, sagt BUND-Chef Baumgarten. Dieser Grundsatz sei in Zeven nicht beachtet worden. Die Kammer habe Silomais als Futter angesetzt, der sich zwar für Rindermast und Biogasanlagen eigne, nicht aber für Hähnchen. Die errechnete eigene Futtergrundlage, nach der 52 Prozent des benötigten Hähnchenfutters von dem Hof selbst erzeugt werden könne, sei deshalb falsch.

Dabei richte sich die Landwirtschaftskammer nicht einmal nach ihren eigenen Fütterungsempfehlungen für die Hähnchenmast, kritisierte der BUND, sondern setze den Anteil des sehr energiereichen Mais besonders hoch an. „Da die Getreidebestandteile nicht nach Gewicht, sondern nach Energiegehalt in die Berechnung einfließen, ist es für den Landwirt ein Leichtes, auf dem Papier die erforderlichen Futterwerte zu erreichen“, erläutert Manfred Radtke vom BUND Rotenburg.

Nach geltendem Recht komme es „nicht darauf an, ob die gehaltenen Tiere tatsächlich mit überwiegend selbst erzeugten Produkten gefüttert werden“, rechtfertigt sich die Landwirtschaftskammer. Vielmehr reiche es aus, dass das erzeugte Futter theoretisch unmittelbar an Nutztiere verfüttert werden könne. Es tatsächlich im Stall zu verwenden, verlange das Gesetz nicht. Im übrigen sei es „gängige Praxis, dass die Betriebe das Futter produzieren, das auf ihren Böden am besten anzubauen“ ist, sie dieses vermarkten und mit den Erlös einen zu ihrem Tierbestand passenden Futtermix kaufen.

Der BUND befürchtet, dass diese Sichtweise rechtlich im Grunde unzulässige Großstallbauten über eine Hintertür dennoch ermöglicht. „Das Ziel muss eine bodengebundene, artgerechte, bäuerliche Tierhaltung sein, bei der das Futter überwiegend auf den Flächen des Betriebes selbst erzeugt wird und Wirtschaftsdünger ohne Nährstoffüberschüsse auf diesen Flächen ausgebracht wird“, fordert Baumgarten. Da die Berechnung der Futtergrundlagen in den Bundesländern nicht einheitlich geregelt seien, habe die Klage des BUND Niedersachsen grundsätzliche Bedeutung.

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