Lukas Thöle über die EU-Urheberrechtsnovelle: Europäische Öffentlichkeit geschaffen
Puh, da hat das EU-Parlament gerade noch die Kurve gekriegt. Der öffentliche Druck war so stark, dass es den Urheberrechts-Entwurf gestoppt hat. Überraschend, denn sonst folgt es den Vorschlägen der Ausschüsse. Zum Glück war die Gesellschaft informiert! Dafür sollten wir dankbar sein – allen voran der Piratin Julia Reda, die sich für Netzthemen einsetzt, die die EU gern hinter verschlossenen Türen berät.
Wie kann nach mehrjähriger Diskussion ein solcher Gesetzesentwurf herauskommen? Der Rechtsausschuss hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit völlig missachtet. Es ist richtig, die Arbeit von Künstlern gerecht zu entlohnen. Das rechtfertigt aber keine Instrumente, die letztlich nur zur Löschung von Inhalten führen.
Die Misere des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) hat doch gezeigt, dass ein halbgares Gesetz nicht funktioniert. Anfang des Jahres wunderten sich alle, als Twitter wie wild Tweets sperrte. Mit dem NetzDG wollte Heiko Maas Hasskommentare schneller löschen lassen. Und, oh Wunder – Hetze löscht Twitter bis heute nicht. Völlig harmlose Kommentare werden hingegen ständig herausgefiltert. Rechte Trolle haben sich sogar darauf spezialisiert, das Gesetz für die Löschung linker Inhalte zu missbrauchen. Und beim Urheberrecht soll das anders sein? Wunschdenken.
Eine gute Sache bleibt: Die gesellschaftliche Debatte hat eine europäische Öffentlichkeit geschaffen, wie sie sonst kaum entsteht. Und das ist wichtig vor allem in Zeiten, in denen Europa durch Rechtspopulismus wieder nationaler wird. Das Internet ist – optimistisch gedacht – vielleicht das einzige Medium, das eine solche Öffentlichkeit herstellen kann. Umso wichtiger ist es, dass das Internet vorerst gerettet ist.
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