: Reservisten wählen sich frei
Machtkampf entschieden: Der Chefaufklärer im Kampf gegen rechts wurde abgewählt
Von Martin Kaul und Christina Schmidt
Der Oberdurchgreifer ist abgewählt, der Machtkampf entschieden: Nach jahrelangem verbandsinternem Kampf um den Umgang mit rechtsextremen Verdachtsfällen in Reihen des Reservistenverbandes haben die Delegierten in Mecklenburg-Vorpommern am Samstag in Schwerin entschieden – und ihren Landesvorsitzenden abgewählt. Der war zuvor mit harter Hand gegen mutmaßlich rechtsextreme Mitglieder vorgegangen.
Der Reservistenverband der Bundeswehr organisiert Wehrübungen und Veranstaltungen für rund 115.000 Ex-Soldaten in Deutschland. Das Bundesverteidigungsministerium stellt dafür jährlich rund 17 Millionen Euro bereit.
Im Januar hatte die taz über die sogenannte Festplattenaffäre im Reservistenverband Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Schon 2014 hatte dort der bisherige Vorsitzende, Helge Stahn, bei einem hauptamtlichen Mitarbeiter eine dienstliche Festplatte sichergestellt, auf der sich Tausende Namen rechtsextremer Musikdateien befunden haben sollen, darunter solche wie „Arisches Blut.mp3“. Der Mitarbeiter bestritt die Vorwürfe. Seitdem versuchte der Vorstand, den Mitarbeiter loszuwerden – gegen massive Widerstände im Verband. Über die Frage entzweite sich der Landesverband. Mitglieder warfen dem Vorsitzenden vor, er reagiere überempfindlich.
Zuletzt hatte Stahn gedrängt, fünf Mitglieder auszuschließen, die durch Ermittlungen der Bundesanwaltschaft im sogenannten Prepper-Milieu wegen rechten Terrorverdachts aufgefallen waren – teils aber nur als Zeugen. Unter ihnen auch Horst S. Er ist unter anderem dem Verfassungsschutz bekannt, weil er wiederholt Literatur beim rechtsextremen Thule-Verlag bestellt hatte. Zur Wahl tauchte er als Landesdelegierter auf – und akzeptierte seine Kündigung auch nicht, als ein Mitglied des Bundespräsidiums sie ihm überreichen wollte. Stattdessen stimmte er mit ab und erklärte anschließend seinen Austritt. Der neue Landesvorsitzende ist Roland Heckt. Er ist Personalleiter beim Panzerbauer FWW in Woldegk.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen