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Frauen dürfen Kraft haben

Am Wochenende fand auf der Außenalster der erste „Helga Cup“ statt – eine Segelregatta nur für Frauen

Von Muriel Kalisch

Ein paar Männer sieht man dann doch, am Bootssteg und an den Essensständen. Aber die Alster gehörte am Wochenende den Frauen. Beim „Helga Cup“, der ersten Segelregatta, an der keine Männer teilnehmen durften, stachen 62 Frauenteams in See.

Gemächlich treiben die Segelboote dem Anleger am „Norddeutschen Regatta Verein“ entgegen. Man glaubt nicht, gerade ein Rennen zu sehen. Dort warten schon die nächsten Teams. Fliegender Wechsel auf dem vom Veranstalter gestellten Booten. Plötzlich geht es schnell: Ohne dass die Schiffe halten, springen die nächsten Teams aufs Boot, greifen nach den Schoten. Jedes Team soll am Ende des Wochenendes mindestens vier Mal gefahren sein. Ansonsten sitzen die Frauen viel.

Die Idee für das Frauenrennen hatte – ein Mann. Sven Jürgensen fotografiert beruflich Segelregatten. Irgendwann fragte er sich: „Warum habe ich eigentlich nie Frauen vor der Linse?“ Gerade in Situationen mit besonders viel „Action“ agierten vor allem Männer. Das sollte sich ändern, fand Jürgensen und gründete den „Helga Cup“. Mit dem Erfolg hatte er nicht gerechnet: Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich über 60 Frauenteams an; es gab eine Warteliste; ein Team kommt aus den USA.

Obwohl der Cup als Wettkampf ausgelobt wird, steht die Begeisterung für den Sport im Vordergrund. An der Alster kommen unterschiedliche Teams und Frauen zusammen: Da ist Nina, 27, die aus einer Segler-Familie kommt und deren Team „Glücksgirls“ auch an anderen Wettkämpfen teilnimmt. Aber auch die „Rookie Crew“, die aus den Hamburgerinnen Marion, Nina, Barbara und Anke besteht. Sie segeln seit Jahrzehnten, doch dies ist ihr erster Wettkampf. „Eigentlich segele ich Dickschiff“, sagt Skipperin Marion. Das ist viel größer als die wendigen, knapp sieben Meter langen Hubkieler der Typen J70 und Seascape24, die an diesem Tag auf der Alster zu sehen sind. Dafür haben sie trainiert: nicht nur Vorfahrtsregeln, sondern auch, dass in einem Wettkampf befohlen und nicht diskutiert wird. „Nächstes Jahr sind wir vielleicht gut“, sagt Marion und lacht.

Segeln galt lange als reiner Männersport. „Frauen bringen Unglück an Bord“ – den Satz kennt auch die junge Nina noch. Sie segelte schon in ihrer Heimat, dem Ruhrpott, inzwischen auf der Alster. Sie hat sich auf den „Helga Cup“ gefreut; darauf, nicht immer eine der wenigen Frauen an Bord zu sein. Dabei segeln Frauen genauso gut wie Männer. „Natürlich fehlt es uns an Gewicht und manchmal an Kraft“, räumt Sina Entzminger ein, eine der Organisatorinnen. Technisch stünden die Frauen den Männern aber in nichts nach.

Immer mehr junge Frauen streben seit einigen Jahren in den Sport, der Deutsche Segelverband hat mit Mona Küppers zum ersten Mal eine Präsidentin. Das hat auch mit einem veränderten Frauenbild zu tun, denkt Entzminger: „Frauen dürfen heute Kraft haben.“

Auch die Stadt Hamburg zeigte Interesse: Katharina Fegebank, zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, eröffnete den „Helga Cup“. Danach hatten die Frauen vor allem eines: Spaß.

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