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taz-Serie Datenschutz in der EUDie neuen Datenregeln nerven

Für die Verbraucher sind sie gut – aber sie bringen auch Nachteile: ein Vereinsvorsitzender und eine Bloggerin über das EU-Datenschutzgesetz.

Unklarheit besteht beim Recht am eigenen Bild – und zwar schon vor Betätigung des Auslösers Foto: BENJAKON

Die Daten von rund 500 Millionen Europäer*innen stehen ab 25. Mai 2018 unter besonderem Schutz. Dann gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO. Sie gilt als Meilenstein und Zeitenwende im europäischen Datenschutzrecht. Während Verbraucherschützer*innen jubeln, ärgern sich Blogger*innen, Vereinsleute oder Kleinunternehmer*innen über das bürokratische Ungetüm. Die taz beleuchtet in einer Serie die verschiedenen Aspekte der DSGVO.

„Die Leute haben Stress, richtig Stress. Denn die juristische Fachsprache der neuen Datenschutzgrundverordnung ist einer vielseitigen Interpretation ausgesetzt, welche sich in ihrer Fülle an Unübersichtlichkeit übertrifft. Man braucht als Laie unendlich viel Zeit, sich in den europäischen Datenschutz mit seinen Änderungen und Pflichten einzuarbeiten. Künftig steckt man ja schon in der Datenschutz-Falle, wenn man eine Visitenkarte annimmt und die Informationen des Betreffenden weiterverarbeitet. Dabei soll der Datenschutz doch Verbraucher, Unternehmen, Organisationen und Vereine schützen.

Die neuen Datenschutzregeln betreffen jedenfalls jeden Bundesbürger. Aber viele sind sich der neuen Bedrohungslage nicht bewusst, wenn sie mit sensiblen Daten umgehen.

In Deutschland gibt es etwa 600.000 eingetragene Vereine. Hinzu kommen rund zwei Millionen nicht eingetragene beziehungsweise nicht rechtsfähige Vereine. Vor allem Sportvereine organisieren sich über Verbände und bekommen von Experten aus diesen Gremien Hilfe beim Thema Datenschutz. Die anderen sind hilflos, überfordert und müssen sich teure juristische Unterstützung holen.

Die Vereine, die sich mit Vereinssoftware ausgestattet haben, Web- und Blogseiten sowie Newsletter-Service, Foren oder Öffentlichkeitsarbeit mit Bild betreiben, sind besonders gefährdet, da sie meistens von Dritten wie Fotografen, Beratern, Softwarefirmen, Webdienstleistern oder Veranstaltern abhängig sind, ohne zu wissen, ob diese die erforderliche Rechtskonformität in puncto Datenschutz sicherstellen können. Das bringt viel Unsicherheit.

Joost Schloemer

Joost Schloemer ist Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Vereine und Verbände.

Auch fragt man sich, was mit via Google & Co. veröffentlichten Daten sowie längst nicht mehr gebrauchten Daten geschieht. Denn man kennt auch die Methoden nicht, mit denen bisher und auch künftig die eigenen Datenschutzverletzungen aufgespürt werden.

Unklarheit besteht etwa beim Recht am eigenen Bild, und zwar schon vor Betätigung des Auslösers. Vermutlich scheint es jetzt geboten, eine Freigabe des Bildes von allen Abgebildeten einzuholen – oder gar die Veranstaltungsteilnahme von dieser Freigabe abhängig zu machen. Das wird komplex bei Fotos mit vielen Personen.

Schwierig wird es auch bei der Abfrage der Religionszugehörigkeit in Aufnahmeanträgen oder der Namensnennung, etwa auf Diakonie-Wartelisten, bei der Datenschutzbelehrung oder bei der Öffentlichkeitsarbeit.

Mit einer Datenschutzklausel auf der Vereinswebseite ist es nicht getan. Letztendlich hilft nur eine Vermögens- und Schadenshaftpflicht, um einen Verein vor Abmahnkosten zu schützen.“

Joost Schloemer

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Patricia Cammarata

Patricia Cammarata bloggt auf dasnuf.de.

„Tatsächlich kann man keine 100-prozentige Sicherheit haben, sondern muss auf Gerichtsurteile warten. Ich bin Bloggerin, die ein Content Management System benutzt, um Inhalte zu produzieren. Viele Vorgaben der DSGVO sind schwierig für mich umzusetzen. Entweder weil die Implementierung technisches Wissen voraussetzt, das ich nicht habe oder weil es noch gar keine Plugins dafür gibt.

Schwierig wird es bei der Kommentarfunktion und der Frage, ob und in welchem Maße ich die IP der Kommentatoren speichere. Wenn ich die nicht mehr habe, hat man im Fall von Hate Speech überhaupt keine Möglichkeit mehr, die Verfolgung aufzunehmen. Der einzige Weg wäre dann, die Kommentarfunktion abzustellen. Dabei ist genau das ein großer Mehrwert für mich und mit einer der Hauptgründe, warum ich Dinge ins Netz stelle.

Tracking ist ja nicht nur dafür gut. Sondern auch, um herauszufinden, wer liest mich eigentlich. Das wiederum ist wichtig für Werbekunden. Um DSGVO-konform zu sein, braucht man jede Menge technisches Wissen. Dass ausgerechnet ich abgemahnt werde, ist vermutlich unwahrscheinlich. Aber rein rechtlich ist es möglich.

Wenn einer einem etwas Böses will, dann wartet der nur auf einen solchen Verstoß. Ich kenne Bloggerinnen, die beispielsweise zu feministischen Themen bloggen, die einen Datenschutzbeauftragten bezahlt haben, um sich vor solchen Leuten zu schützen, die nach Lücken suchen, um die Blogger in die Knie zu zwingen. Keine Frage, wir brauchen strenge Datenschutzregeln und es muss ein Bewusstsein entstehen für den Schutz privater Daten. Aber die Regeln dürfen nicht die Falschen treffen.“

Patricia Cammarata

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Teil 1 unserer Datenschutz-Serie: Interview mit der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff

Teil 2 unserer Datenschutz-Serie: Was steht drin im DSGVO?

Teil 3 unserer Datenschutz-Serie: Auch kleine Firmen beklagen die Rechtsunsicherheit des neuen Gesetzes

Teil 4 unserer Datenschutz-Serie: Interview mit dem Verbraucherschützer Christian Gollner

Teil 5 unserer Datenschutz-Serie: Porträt des grünen Vordenkers der neuen Datenschutzgesetze Jan Philipp Albrecht

Teil 6 unserer Datenschutz-Serie: Das Recht auf Vergessenwerden

Teil 7 unserer Datenschutz-Serie: Ein Vereinsvorsitzender und eine Bloggerin sprechen über Nachteile des EU-Datenschutzgesetzes

Teil 8 unserer Datenschutz-Serie: Kommentar zur digitalen Zeitenwende

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4 Kommentare

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  • "Religionszugehörigkeit in Aufnahmeanträgen"

     

    Na, das ist doch mal ein wundervolles Beispiel für Datensparsamkeit.

  • Wer vor 50 Jahren Geschäfte machte, einen Verein gründete brauchte einen Quittungsblo(g)ck einen Kugelschreiber, einen Aktenordner & einen Geldkasette.

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    Vor 25 Jahren dazu einen Anwalt, Steuerberater & eine elektronische Kasse,

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    Heute auch jemand der die Webseite formal&gesetzlich passend macht!

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    Mein 1 Auto war eine Dreckschleuder, ich konnte es selbst reparieren.

    Heute kann man "fast" am Auspuff "schnüffeln" und wenn dort was defekt ist brauchen man drei Monteure unterschiedlicher Fachrichtungen um z.B einen neuen Reifen aufzuziehen:-(

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    So schlimm ist das sowohl beim Datenschutz & beim der Autot geworden :-)

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    MMn. ist das "klagen" auf hohem Niveau. Beim Gurt, bei Umweltschutzfragen usw. waren/sind es immer die "kleinen Leute" die vorgeschoben werden. Klar werden die auch betroffen, doch da man keine Gesetze für Firmen > als YXZ machen kann, vor dem Gesetz sind alle gleich, werden wir damit leben lernen.

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    Wer hoch technisch publiziert, & DABEI Daten erhebt usw. muss genau wie bei einem Flugblatt, einem Vereinsheft einer Zeitung, ViSdPR angeben, auch dafür haften.

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    Das passiert jetzt?

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    Hilfe wir sind in Gefahr! ist mMn ziemlich übertrieben.

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    Wenn das DSGVO genau so streng befolgt wird wie die StVO wird das wohl ein paar "Knöllchen" geben, doch auch zur Transparenz der Datensammelwut beitragen.

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    Vielleicht denkt mal der eine oder andere darüber nach ob und was er zu welchem Zweck sammelt.

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    Gruss Sikasuu

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    BTW. Wenn wir schon mal beim Thema sind:

    Wo&Wie kann ich ab 25.05.2018 meine, über mich gesammelten Daten in der TAZ abrufen:-) oder betrifft das Gesetz keine Foren von Leitmedien:-)

  • meine Zeit ist zu kostbar als mich privat in Scheiß wie DSGVO einzuarbeiten...

     

    Gesetze sind wie ein beidseitiger Vertrag... und man muss nicht jeden unterschreiben

  • Die Bedrohungslage besteht vor allem durch die Abmahnvereine und dieses gibt es so nur in Deutschland. Ansonsten könnte es ein faires System von Verwarnungen und langsam steigenden Bußgeldern geben und dann bräuchte niemand Angst zu haben. Nicht wenige Kleinunternehmer, Vereine und private Seiten/Blog/Forumbetreiber fragen sich derzeit ob es nicht an der Zeit ist wieder offline zu gehen. Digitalisierung im Rückwärtsgang. Mit Verbraucherschutz hat das wenig zu tun - im Gegenteil - so konzentriert es sich noch mehr auf die großen kommerziellen Anbieter und Datensammler wie Google, Facebook etc. und die haben genug Anwälte um sich abzusichern. Kein Verbraucher wird die seitenlangen Datenschutzerklärungen durchlesen und letztendlich werden die meisten es natürlich akzeptieren damit sie bestimmte Dienste weiter benutzen können.

    Gewinner sind zur Zeit die Anwälte, externe Datenschutzbeauftragten und Versicherungen.