DFB-Pokalfinale im Frauenfußball: Ein Highlight, aber kein Wembley
Das Finale um den DFB-Pokal der Frauen am Samstag soll Werbung für den Sport sein. Der VfL Wolfsburg und Bayern München handeln danach.
Es ist jedes Mal eine Freude, dem Vorlauf zum alljährlichen DFB-Pokalfinale der Frauen beizuwohnen. Auf den Rasenflächen vor dem Kölner Stadion locken Angebote, auf Kleinspielfeldern kicken Jungs gegen Mädchen, auf den Hüpfburgen tollen die Minis herum. Alles wirkt friedlich und fröhlich, freundlich und familiär, was ganz im Sinne von Stadt und Veranstalter ist.
Gleichwohl ist auf den Tribünen in Köln-Müngersdorf meist mehr Luft als auf den Vorplätzen. Für ein stimmiges (Fernseh-)Bild werden große Tribünenbereiche mit Planen verhangen. Seit der Abkopplung vom Männerfinale 2010 liegt die durchschnittliche Besucherzahl fürs Frauenendspiel bei 18.240. Die meisten strömten 2010 zu der Premiere FCR Duisburg – USV Jena (26.282), die wenigsten kamen drei Jahre später zur Paarung VfL Wolfsburg – Turbine Potsdam (14.269).
Wenn sich nun mit Meister und Titelverteidiger VfL Wolfsburg und dem FC Bayern die beiden besten deutschen Teams duellieren (Samstag 15 Uhr/ARD), bewegt sich der Zuspruch im bisherigen Rahmen. Mit etwa 18.000 Besuchern rechnet der DFB, 15.500 Tickets hat er im Vorverkauf abgesetzt. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass der aktuelle Schnitt in der Frauen-Bundesliga auf rund 800 abgesackt ist; gleichwohl wenig für eine Spielstätte, die mit ihren 50.000 Plätzen bei Heimspielen des 1. FC Köln beinahe ligaunabhängig ständig Vollauslastung vermeldet.
Ralf Kellermann, Wolfsburgs Sportdirektor, empfiehlt den Blick ins Ausland. Speziell nach England, wo Frauenfußball professioneller ist. Dort schickte der Verband (FA) die Chelsea und Arsenal Ladies zum FA-Cup-Finale ins Wembley-Stadion. Die Resonanz übertraf in diesem Jahr alle Erwartungen: 45.423 Zuschauer bedeuteten Rekord.
„Wir können mit unserem Niveau argumentieren, aber allein solch ein Frauen-Endspiel in Wembley könnte doch zum Argument für die eine oder andere werden, nach England zu wechseln“, warnt Kellermann. Umso wichtiger, dass die beiden besten deutschen Vereine mit ihren vielen Nationalspielerinnen heute Werbung in eigener Sache betreiben.
David-Goliath-Getue zwischen den Trainern
Kurios wirkt im Vorlauf, wer denn Favorit und Außenseiter ist – oder ob sich die vom jeweiligen Dachverein geförderten Aushängeschilder der Frauensparte nicht auf Augenhöhe begegnen? „Wir sind der Herausforderer“, beteuert Bayern-Trainer Thomas Wörle. „Ich kann nur darüber schmunzeln, dass uns der FC Bayern als klaren Favorit bezeichnet“, entgegnet Kellermann. „Es ist aus Sicht von Thomas Wörle ja legitim, so Druck von seiner Mannschaft zu nehmen, aber ich nehme das nicht ernst.“ Der 36 Jahre alte Bayern-Coach hingegen glaubt: „Wir brauchen einen fast perfekten Tag. Wolfsburg hat ja in den letzten fünf Jahren fast alle Titel abgeräumt.“
Gleichwohl ging die Meisterschaft 2015 und 2016 nach München. Und so tut sich Kellermann ausgesprochen schwer, das David-Goliath-Getue zu ertragen. „München holt jedes Jahr Nationalspielerinnen. Vergangenen Sommer kaufen sie Mandy Islacker aus einem laufenden Vertrag beim 1. FFC Frankfurt, im vergangenen Winter verpflichten sie Laura Georges, eine französische Nationalspielerin. Wer sich jedes Jahr derart verstärkt, kann nicht den VfL Wolfsburg auf den Favoritenschild heben.“
Überhaupt gilt für den 49-Jährigen, der im Vorjahr mit dem Double das Traineramt an seinen aktuell nicht minder erfolgreichen Nachfolger Stephan Lerch übergeben hat: „Unsere Budgets nehmen sich nicht viel, und der FC Bayern hat definitiv die besseren infrastrukturellen Bedingungen. Dass wir eine Topmannschaft und eine Menge Erfahrung mit solchen Finals besitzen, versteht sich von selbst, aber es gibt keinen Grund, dass unser Gegner nicht genauso selbstbewusst auftritt.“ Sollten die kleinen Scharmützel im Kölner Vorspiel noch den einen oder anderen Zuschauer locken, wäre das gar nicht verkehrt.
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