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Klo-Ausstellung auf Burg StorkowEin Blick ins Töpfchen

Die Schau „Drauf geschissen“ zeigt, dass vernünftige Klos nicht nur eine Frage des Wohlbefindens sind, sondern viel mit Würde und Menschenrechten zu tun haben.

Die Ausstellung auf Burg Storkow zeigt einen kulturhistorischen Abriss von der Antike bis zum Hightech-Stuhlgang der Gegenwart Foto: Gunnar Leue

Als sich der Seehofer-Horst dem deutschen Volke als neuer Heimat-Horst im Ministeramt präsentierte, sorgte er für einen großen Spaßmoment in Stadt und Land. Mit einer (vermutlich unbeabsichtigten) Verhaspelung hatte er sich zum Chef des Heimatmuseums erklärt, womit er einen kleinen Medienstrahl auf das unterbelichtete Feld der Heimatmuseen lenkte. Die haben es ja auch nicht leicht in Zeiten der Eventseuche, aber wenn sie es pfiffig anstellen, können sie doch ganz schöne Besuchermassen in Bewegung setzen.

So wie die Experten fürs Museale in Storkow vor den Toren Berlins. Die hatten die Einheimischen aufgerufen, eine Ausstellung zur Geschichte des stillen Örtchens mit sachdienlichem Zeugs zu bereichern. Rund 200 Teile schleppten die Storkower an: Jaucheschöpfer, Fotos von Donnerbalken, unterschiedlichste Nachttöpfe und Bettpfannen, die zu Exponaten der Ausstellung wurden.

Die ist gleichwohl keine Schau der Art of Notdurft in Storkow, sondern eine schlaue Verknüpfung von lokalem und globalem Toilettenwesen, sprich: ein kulturhistorischer Abriss von der griechisch-römischen Antike, wo das Abkacken als geselliges Zusammensein zelebriert wurde, bei dem man im wahrsten Sinne Geschäfte abschloss, über das zum Himmel stinkende Mittelalter bis zum Hightech-Stuhlgang der Gegenwart (dem besonders die Japaner frönen). Das Ganze verziert mit einem herrlichen Titel – „Drauf geschissen!“ –, und schon rennen die Leute den Ausstellungsmachern in Storkow die Burg ein. An die 40.000 werden es wohl bis zur Schließung am 4. Juni sein, darunter viele Interessierte aus Berlin.

Immerhin hat die Stadt auch einiges zur modernen Klogeschichte beigetragen. Wie alle Städter in prä-hygienischen Zeiten kippten auch die Berliner ihre Nachttöpfe aus dem Fenster aus, was die Schuhmode zu extrem hohen Holzsohlen veranlasste, damit man einigermaßen sauber über die stinkenden Straßen kam.

Die Entdeckung des Schamgefühls

Außerhalb der Städte unterwegs entleerte man sich einfach am Wegesrand. Selbst die vornehmen Herrschaften und Damen vom Lande machten es im Freien. Sie erleichterten sich anstandslos in Parks und Gärten, sofern ihre märkischen Schlösser und Herrenhäuser noch keinen „Abort“ besaßen. Als sie dann zunehmend etepetete wurden, war es damit vorbei, wie überhaupt die Entdeckung des Schamgefühls die Toilettengeschichte revolutionierte.

Berliner leerten früher Nachttöpfe aus dem Fenster, was zu Schuhen mit hohen Sohlen führte

Der britische Uhrmacher Alexander Cummings erfand 1775 das „Water Closet“ mit Syphon, einem gekrümmten Abflussrohr als Geruchsverschluss. Weil sieben Jahrzehnte später in London auch die erste öffentliche Bedürfnisanstalt öffnete, galten die Briten lange als führende Nation in Sachen Klohy­giene. Berlin zog jedoch bald nach. Ab 1878 gehörte das gusseiserne Café Achteck zunehmend zum Stadtbild. Allerdings soll es im Nikolaiviertel schon 1820 eine öffentliche Latrine gegeben haben, auf der man sitzen oder hocken konnte.

Die moderne Variante der Hocktoilette hat eine Storkower Sanitärfirma für die Ausstellung beigesteuert. Mitnichten gedacht als skurrile Referenz an die Berliner von anno dazumal im Nikolaiviertel, sondern als Hinweis, dass die Hockstellung noch heute global verbreiteter ist als die hiesig populäre Sitzvariante. Was für den Darm auch viel gesünder ist.

Vernünftig schieten und pinkeln ist aber nicht nur eine Frage des körperlichen Wohlbefindens. Es sind menschliche Grundbedürfnisse, die viel mit Lebensstandard und Würde, ja mit Menschenrecht zu tun haben. Vor allem dann, wenn die hygienische Befriedigung dieses Bedürfnisses ein Problem ist.

Mangelnde Hygiene kostet Leben

Ein Blick durch die Klobrillen, unter der verschiedene Informationen zum Thema warten, offenbart: 40 Prozent aller Menschen auf der Welt haben keine Toilette zur Verfügung. Mangelnde Hygiene kostet täglich rund 1.000 Kindern das Leben aufgrund von Durchfallerkrankungen. Eine im wahrsten Sinne große Scheiße, die auch zum oft verdrängten Toilettenthema gehört.

Deshalb ist es toll, wie diese Ausstellung das Große und das Kleine – in doppelter Bedeutung – zusammenführt. Die einfachen und luxuriösen Kloschüsseln, die historischen Klopapierrollen und die Information, dass die Toilette auf der ISS-Raumstation 19 Millionen Dollar kostete oder dass für die Klopapierherstellung weltweit täglich rund 270.000 Bäume gefällt werden. Was nötig ist, damit auch dem Deutschen sein jährlich 15 Kilogramm Klopapierverbrauch ermöglicht werden.

Letztere Info gibt’s übrigens als Kritzelspruch auf einer Klowand. Klosprüche waren ja früher, als die Bahnhofstoiletten noch nicht an WC-Betreiber outgesourct wurden, eine Art versiffte Kommunikationsform. Meist vulgärer Sexkram. An der Ausstellungsklotür stehen ebenfalls Sprüche aus der Abteilung unnützes Wissen, aber jugendfrei. So erfährt man, dass die Deutschen auf dem Klo nebenbei noch rauchen (3 Prozent), Zähne putzen (13 Prozent), Musik hören oder Produktbeschreibungen lesen (je 12 Prozent).

Nach Abschluss der Schau werden einige Exponate zugunsten der World Toilet Organization, die sich für eine bessere sanitäre Versorgung in Entwicklungsländern einsetzt, versteigert. Unter anderem die Klopapierrollen mit dem Bildnis von Hillary Clinton oder Donald Trump aus dem US-Wahlkampf. Mal sehen, was es den Bietern wert ist, Hillary oder Trump den Arsch zu zeigen.

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