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Neubauten auf St. PauliEs wird sozial

Die Nachfolge der Esso-Häuser am Spielbudenplatz nimmt Form an: Viel geförderter Wohnraum soll ab 2019 gebaut werden. Bürgerbeteiligung könnte als Beispiel dienen.

Auf dem ehemaligen Esso-Häuser-Areal soll das „Paloma-Viertel“ entstehen Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Neubau der 2013 geräumten Esso-Häuser ist für viele auf St. Pauli ein wegweisender Streit um Gentrifizierung. Somit dürfte es für die AnwohnerInnen erfreulich sein, dass die Stadtverwaltung bei der gemeinsamen Planung mit Bürgern und der Investorin Bayerische Hausbau viele Forderungen durchsetzen konnte. Die wurden am Dienstag im St. Pauli Museum präsentiert.

Die geplanten Wohnungen in den Neubauten werden zu 60 Prozent von der Stadt gefördert, 40 Prozent sind Mietswohnungen. Üblich sind normalerweise ein Drittel für jeweils geförderten Wohnraum, Mietwohnungen und Eigentumswohnungen. Letztere sollen vorerst nicht entstehen. Der soziale Wohnraum wird außerdem 25 Jahre anstatt 15 Jahre gefördert.

Insgesamt sollen circa 180 bis 200 Wohnungen auf 14.000 Quadratmetern entstehen, die zum Teil klein gehalten sind, damit die Mieten bezahlbar bleiben. Im Schnitt soll die Miete 12,50 Euro pro Quadratmeter betragen. Auch der Musikclub Molotow und das Hostel Kogge sollen zu günstigen Konditionen zurück auf das Areal ziehen können. In einem sogenannten Nachbarschaftscluster sollen gemeinschaftlich nutzbare Räume, wie zum Beispiel ein Druckerraum, entstehen.

Bodo Hafke, Dezernent für Wirtschaft, Bauen und Umwelt im Bezirk Hamburg-Mitte, sprach von einem „machbaren Kompromiss“. Die Mischung in der Nutzung des Geländes war sowohl Hafke, als auch der PlanBude, die Wünsche der Anwohner sammelte und in den Planungsprozess mit einbrachte, wichtig. Über 2.300 Beiträge von AnwohnerInnen kamen bei der PlanBude zusammen, um das neue Quartier mitzugestalten. Die intensive Beteiligung könnte als Beispiel für zukünftige Stadtplanung dienen.

Akzeptanz erhofft

Die neuen Gebäude sollen sich in das Bild von St. Pauli einfügen und den offenen Charakter des Quartiers mittragen, heißt es vonseiten der Interessensgruppen. Von den AnwohnerInnen wurde unter anderem gefordert, dass Dachflächen für alle öffentlich nutzbar sein sollen. Das ist im aktuellen Plan ein prominenter Aspekt, angedacht sind unter anderem ein Dachgarten, der als „Park Fiction 2.0“ betitelt wird, eine Kletterwand an der Seite eines geplanten Hotels, ein Skatepark und ein Streetballplatz auf den Dächern der Häuser.

Bernhard Taubenberger, Sprecher der Bayerische Hausbau, sprach nach ungefähr 30 Verhandlungen mit den verschiedenen Interessengruppen von einem Kompromiss, mit dem alle leben können. Er hoffe auf eine breite Akzeptanz des Ergebnisses, bemängelte aber auch die lange Dauer des Prozesses und die für die Investorenfirma unsichere Planung. Die Bezirksverwaltung habe viele materielle Forderungen durchgesetzt. „Niemand hat ahnen können, welche Wellen das schlägt“, sagte er rückblickend über das Bauprojekt. „Wir waren das Symbol für Gentrifizierung.“

Die Planungen sind kurz vor dem Einbinden anderer Behörden zur Finalisierung, die voraussichtlich im Herbst öffentlich präsentiert werden. Dazu soll es dann wieder eine Bürgerbeteiligung geben, bevor Anfang 2019 der Bebauungsplan fertiggestellt und der Bauantrag genehmigt werden kann. Die ersten MieterInnen könnten voraussichtlich 2022 einziehen.

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1 Kommentar

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  • Also optimal ist das nicht. Aber es besser, als das, was die Investoren wohl anfangs glaubten, dort realisieren zu können. Und über die Jahre werden sie das dann Schritt für Schritt auch zu ihren Gunsten drehen. Sie können dabei darauf bauen, dass in allen Ecken von St. Pauli die Mieten steigen und die Kaufpreise eben auch. St. Pauli wird am Ende ein Stadtteil wie jeder andere sein - was die Mieten und Kaufpreise angeht. Dass es für Familien und alte Menschen oft überhaupt kein guter Stadtteil ist, das wird vergeßen.