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Kolumne Press-SchlagKein Kredit für Kovac

Kolumne
von Johannes Kopp

Der FC Bayern München schlägt Eintracht Frankfurt 4:1. Mit dem klaren Sieg demontiert der Rekordmeister auch seinen künftigen Trainer Niko Kovac.

Je erfolgreicher Jupp Heynckes (l.) ist, desto schwerer wird der Job für seinen Nachfolger Niko Kovac Foto: dpa

N atürlich meint es Jupp Heynckes nur gut mit seinem FC Bayern München. Wer wollte das in Abrede stellen? Aber dieser 4:1-Erfolg am Samstag gegen Frankfurt war ein echt fieses Ding, das unliebsame Folgen gerade für sein Team haben dürfte.

Vermeintlich ging es da am Samstag um eine bedeutungslose Partie. Und demonstrativer hätte Heynckes sein Desinteresse für die Bundesligabegegnung auch nicht markieren können. Der ersten Elf hatte er wegen des Champions-League-Rückspiels bei Real Madrid ohnehin Zwangsurlaub erteilt, und weil ihm nur eine dezimierte B-Auswahl zur Verfügung stand, bediente er sich bei der dritten Garnitur des FC Bayern.

Die Regionalligakicker Franck Evina (17 Jahre), Meritan Shabani (19), Niklas Dorsch (20) durften so zum ersten Mal gleich von Anfang an in der ersten Liga antreten. Lukas Mai (18) machte immerhin schon zum zweiten Mal mit.

Eine größere Demontage hätte man sich vorab für Nico Kovac, den Noch-Eintracht-Coach und künftigen Lenker und Strategen des FC Bayern, gar nicht ausmalen können. Zumal es für sein derzeitiges Team noch mit der Europa-League-Qualifikation um sehr viel ging. Beim ersten Kennenlernen mit den Bayern-Fans hat Kovac also eine klägliche Figur abgegeben.

Ein denkbar schweres Erbe

Jupp Heynckes ist ja kein „Ersttäter“. Mit seinem Triple-Erfolg von 2013 hatte er schon Pep Guardiola ein denkbar schweres Erbe hinterlassen. Aber immerhin machte sich damals ein erfahrener Welttrainer, der sich schon etliche Meriten erworben hatte, in München neu ans Werk. Über einen derartigen Kredit verfügt Kovac dagegen nicht.

Und überhaupt, so war das eigentlich dieses Mal nicht gedacht. Jupp Heynckes sollte den FC Bayern, der zu Beginn der Saison den Anschluss auf Borussia Dortmund zu verlieren drohte, lediglich wieder auf Kurs bringen. Er wurde geholt, um das Schlimmste abzuwenden und seinem Nachfolger den Boden zu bereiten, auf dem etwas gedeihen kann.

Und nun? Innerhalb kürzester Zeit hat das Team wie von einem wundersamen Wachstumsbeschleuniger vorangetrieben wieder seine die Konkurrenz demütigende Dominanz erreicht. Sie haben wieder eine Größe erlangt, die etwas Magisches an sich zu haben scheint. Sogar Regionalligaspieler wie Evina, Shabani, Dorsch und Mai vermögen offenbar Angst und Schrecken zu verbreiten, wenn sie sich nur das rote Bayern-Leibchen überziehen.

An derselben Stelle herumdoktern

Doch diese scheinbare Übermacht steht auf wackligen Beinen. Auch mit Heynckes hat sich nichts an dem Umstand geändert, dass das Team keine Zukunft hat und dringend einer Erneuerung bedarf. Den Rost, den die Flügelzange Robben/Ribery angesetzt hat, konnte Heynckes noch einmal notdürftig übertünchen. Spieler wie Thomas Müller oder Javi Martinez steuern auf den Herbst ihrer Karrieren zu. Torgarant Robert Lewandowski liebäugelt mit einem Engagement bei einem noch größeren Verein.

Im Grunde genommen fangen die Bayern wieder an derselben Stelle an herumzudoktern, an der sie aufhörten, als Jupp Heynckes kam. Und durch das Zaudern und Zögern der Führungsetage um Hoeneß und Rummenigge, bevor man sich nun auf die dritte Wahl Kovac durchgerungen hat, sind wegweisende Weichenstellungen auf der Strecke geblieben. Noch immer beschäftigt man sich mit Fragen von vorgestern, ob man mit Robben und Ribery ein weiteres Jahr zusammenarbeiten will.

Für diese reichlich komplexe Lage brauchen die Münchner einen Trainer, der volles Vertrauen genießt. Die Partie gegen Frankfurt wirkte in dieser Hinsicht aber höchst toxisch. Nun bleibt Niko Kovac noch das DFB-Pokalfinale gegen die Münchner, um seine Position zu verbessern. Wieder so ein überlegener und demütigender Bayern-Sieg kann selbst Hoeneß und Co nicht gefallen.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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