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Keine Lust auf Kita

Fast 90 Prozent der Kinder, für die wegen mangelnder Deutschkenntnisseeigentlich eine Pflicht zum Kitabesuch besteht, tauchen dennoch nie dort auf

Von Stefan Alberti

Während viele Eltern Hände ringend nach einem Kita-Platz suchen, halten andere ihre Kinder widerrechtlich davon fern – offenbar ohne dass das Konsequenzen hat. Das geht aus Zahlen der Senatsverwaltung für Bildung hervor.

Demnach ignorieren fast 90 Prozent jener Eltern, deren Kinder bei einem Deutschtest durchfielen, die daraus resultierende verpflichtende Sprachförderung in einer Kita. „Das ist nicht akzeptabel“, räumt eine Sprecherin der Bildungsverwaltung ein, sah aber selbst kaum Handhabe: Die im Schulgesetz festgeschriebenen bis zu 2.500 Euro Bußgeld könnten nur die Bezirke verhängen. Inwieweit das passiert, vermochte sie nicht zu sagen.

Wie alljährlich hatte die Senatsverwaltung um den Jahreswechsel herum jene Kinder zum verpflichtenden Deutschtest geladen, die 18 Monate später – in diesem Fall ab 2019 – zur Schule gehen und anders als die sehr große Mehrheit der Berliner Kinder keine Kita besuchten. Von dieser Gruppe (rund 2.000) erschien aber nur ein Drittel (651) zum Test. Bei drei Vierteln davon (469) stellten die Tester mangelnde Deutschkenntnisse fest. Darauf folgt laut Gesetz eine Sprachförderung. Dazu tauchten in den Kitas aber nur 56 dieser Kinder auf.

Als der Senat vor über vier Jahren für solche Fälle Bußgelder beschloss, hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das damit gerechtfertigt, dass sie nicht akzeptiere, wenn Eltern ihren Kindern Bildungschancen vorenthielten. Sie kündigte damals an: „Wir werden genau hinschauen, ob die Sprachförderung auch regelmäßig besucht wird.“ Ihre Sprecherin Iris Brennberger sagte der taz jetzt, man werde sich der Sache erneut annehmen, „und vielleicht muss man sich da etwas Neues überlegen“.

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