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Die mit dem Scheißhaufen

Seit der Sache mit dem Scheißhaufen ist Anja Piel wirklich geknickt. Als solchen nämlich hatte die niedersächsische Grünen-Vorsitzende den Verfassungsschutz genannt, als ihre Partei jüngst bei einer Landesdelegiertenkonferenz beschloss, im Wahlprogramm die Auflösung der Behörde zu fordern. Und Piel, die im Januar als Spitzenkandidatin antritt, hat jetzt einen mittelgroßen Skandal an der Backe.

Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel sieht die Würde seiner Mitarbeiter verletzt. „Wer von Verfassungsschutzbeamten als Scheißhaufen spricht, hat im Landtag nichts zu suchen“, empört sich gar CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jens Nacke.

Dabei hat sich Piel längst entschuldigt. Kommende Woche will sie das auch direkt in der Behörde tun. Besonders bedauerlich findet sie, dass ihre eigentliche Botschaft völlig untergeht: Die 47-Jährige – die bei der Wahl im Januar als Vertreterin des linken Flügels im Spitzenduo neben Grünen-Realo und -Landtagsfraktionschef Stefan Wenzel antritt – hatte sich in der Parteidebatte vehement gegen eine Auflösung des Verfassungsschutzes ausgesprochen: „Missstände kann man auch in einem Reformprozess abarbeiten“, sagt sie. So hat es der Grünen-Landesvorstand, dem Piel seit zwei Jahren vorsteht, auch in seinen Programmentwurf geschrieben. Die Basis allerdings folgte einem Änderungsantrag der Grünen Jugend, die seit jeher das Aus für die Behörde fordert.

Mit diesem Votum hat Piel offenkundig nicht gerechnet: Die Parteijugend stelle noch „harte Forderungen“, hatte sie noch vor der Delegiertenkonferenz erklärt. „Die sind noch nicht so auf Koalitionen konzentriert.“

Die Debatte sei dann „völlig aus dem Ruder gelaufen“, sagt Piel. „So rede ich normalerweise nicht.“ Die Emotionen seien hochgekocht, vor allem, weil sie tief entsetzt über die Pannen der Verfassungsschutzbehörden bei der Aufdeckung der Zwickauer Nazi-Mordserie sei. Mit einem Nachspiel habe sie unterdessen gleich nach dem „Scheißhaufen“-Ausspruch gerechnet: „Wir haben Wahlkampf.“  THA

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