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Scholz holt Banker ins Ministerium

Deutschland-Chef von Goldman Sachs wird Staatssekretär für Europa und Finanzmarkt

Jörg Kukies beim Oktoberfest 2017 in München Foto: picture alliance

Von Martin Reeh

Der Deutschland-Chef von Goldman Sachs, Jörg Kukies, wechselt als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium. Dort soll er sich um die Themenbereiche Europa und Finanzmarkt kümmern. Der 50-Jährige ist SPD-Mitglied, vor seiner Zeit als Banker war er Juso-Vorsitzender in Rheinland-Pfalz. Laut Tagesspiegel war er ab 2001 bei Goldman Sachs in London und Frankfurt auch für sogenannte „strukturierte Produkte“ zuständig, also die Finanzinstrumente, die 2007 zum Auslöser der Finanzkrise wurden. Seit Ende 2014 fungierte Kukies als Co-Chef der deutschen Niederlassung von Goldman Sachs.

Das Wirtschaftsforum der SPD, ein Zusammenschluss von Unternehmen und Verbänden, begrüße die Berufung Kukies’am Montag. Damit habe Olaf Scholz einen „ausgewiesenen internationalen Fachmann an Bord“ geholt.

Linkspartei und Grüne kritisierten die Entscheidung dagegen. „Scholz macht die Brandstifter zur Feuerwehr“, sagte Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi. „Dann kann man auch gleich Bankster die Gesetzentwürfe schreiben lassen.“ Dies sei „ein schwarzer Tag für die Regulierung von Banken und Finanzmärkten“. Der Finanzexperte der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, sagte, vor nicht allzu langer Zeit noch hätten Sozialdemokraten den Wechsel des ehemaligen EU-Präsidenten José Manuel Barroso zu Goldman Sachs kritisiert. „Heute soll deren Deutschland-Chef direkt ins SPD-geführte Finanzministerium einziehen.“

Ehemalige Goldman-Sachs-Mitarbeiter besetzen immer wieder führende internationale Posten: So arbeitete EZB-Chef Mario Draghi früher für Goldman Sachs. Donald Trumps Finanzminister Steven Mnuchin war ebenso bei der Bank wie seine beiden Vorgänger Henry Paulson (unter George W. Bush) und Robert Rubin (unter Bill Clinton). Rubin wechselte zwischen Bankbranche und Staatsposten hin und her, lockerte zunächst die Finanzaufsicht für Banken, ging dann zur Citigroup. Nachdem diese mit Staatsgeld gerettet wurde, holte ihn Barack Obama als Berater.

Auch eine weitere Personalie im Finanzministerium stellt eine Überraschung dar: Scholz will den langjährigen Staatssekretär Werner Gatzer zurückholen. Erst Ende 2017 war Gatzer zur Deutschen Bahn gewechselt. Zuvor hatte er unter Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU) zwölf Jahre als Staatssekretär gedient.

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