: Höher, breiter, teurer
Beim geplanten Neubau der Sternbrücke soll es zwischen der Deutschen Bahn und der Stadt Unstimmigkeiten geben. Ungeklärt ist noch, ob eine Sanierung möglich ist
Von Leif Gütschow
Um die 1.000 Züge und etwa 50.000 Autos fahren täglich über sie hinweg und unter ihr durch: Die Sternbrücke, an der sich die Max-Brauer-Allee und die Stresemannstraße kreuzen und die je zwei Gleise des Nah- und Fernverkehrs trägt, ist ohne Zweifel ein neuralgischer Punkt des Hamburger Verkehrsnetzes.
Entsprechend schwierig und umkämpft ist daher auch der geplante Abriss und Neubau der Brücke, der seit vielen Jahren im Gespräch ist. 2020 soll der bauliche Kraftakt beginnen. Nach einem Bericht des NDR fordert die Verkehrsbehörde von der Deutschen Bahn aktuell, dass bei der Neukonstruktion vier Fahrbahnen für den Autoverkehr mit zusätzlichem Platz für Radwege eingeplant werden sollen. Die Bahn, so der NDR, will dies beim Bau aber nur umsetzen, wenn die Stadt die dafür anfallenden Kosten trägt. Auch die Höhe der geplanten Brücke, die deutlich größer ausfallen soll, wird als Streitpunkt genannt.
Auf eine Anfrage der taz hin, erweist sich dieser Streit jedoch sehr vage. Laut Sprecher Egbert Meyer-Lovis hat die Bahn zwölf mögliche Bauvarianten untersucht und mit den Hamburger Behörden besprochen. Eine bevorzugte Variante sei der Bau einer 108 Meter langen Stabbogenbrücke unter Vorgaben, „die die Verkehrssituation verbessern“. Inwiefern die Verkehrssituation verbessert werden solle und wo mögliche Konflikte mit der Stadt liegen, teilte Meyer-Lovis nicht mit.
Auch Susanne Meinecke, Sprecherin der Verkehrsbehörde, mochte sich zu einer möglichen Missstimmung zwischen Bahn und Stadt nicht äußern. Sie verweist auf noch offene Verhandlungen: „Die ingenieurtechnische Komplexität des Vorhabens erfordert weitere Untersuchungen und Abstimmungen“, sagte Meinecke. Die Sprecherin bestätigte aber eine geplante Höhe der neuen Brücke von rund 24 Metern.
Warum die Sternbrücke überhaupt neu gebaut werden muss und nicht saniert werden kann, ließen Bahn und Stadt offen. Norbert Hackbusch von der Linken stellte hierzu kürzlich eine Anfrage an den Senat, dessen ausweichende Antworten er für „eine Frechheit“ hält. Hackbusch verweist auf das gesamte unter Denkmalschutz stehende Brückenensemble mit Klub- und Gewerbeflächen, die den Charakter des Viertels prägten. Dabei vermisst er in der Auseinandersetzung eine Beteiligung der Bürger*innen: „Der Senat zieht es wieder einmal vor, eine Lösung durchzuwurschteln und die dann als alternativlos zu bezeichnen.“
1926 wurde die Sternbrücke in ihrer heutigen Form als Stahl-Balkenbrücke erbaut.
Für die Vergrößerung der Durchfahrtshöhe auf vier Meter wurde das Straßenniveau um 1970 gesenkt.
Seit 1998 haben sich Szeneklubs wie die Astrastube und das Fundbureau an der Brücke angesiedelt.
Die Sternbrücke, in ihrer heutigen Form 1926 erbaut, steht seit 2015 unter Denkmalschutz. Unter welchen Bedingungen dieser beim Neubau aufgehoben oder umgangen werden kann, ist noch unklar. Dem Senat zufolge wird „auf Grundlage der rechtlichen Vorschriften der Denkmalschutz berücksichtigt werden“. Wie Enno Isermann, der Sprecher der Behörde für Kultur und Medien sagte, wird derzeit mit der Bahn zusammen geprüft, ob und wie die Brücke erhalten werden könne.
Dass das historische Bauwerk unbedingt schützenswert ist, steht für den Denkmalverein außer Frage. Ein derart prägendes Stück Stadtbild dürfe nicht einfach aufgegeben werden, heißt es in einem öffentlichen Statement. Dabei ist der Erhalt der Brücke für den Verein aber nicht nur wichtig, sondern auch durchaus möglich. In der Konstruktion sei einst hochfester Stahl verwendet worden. Dessen hohe Qualität mache eine hohe Lebensdauer der Sternbrücke wahrscheinlich.
Die geplante Bauvariante mit mehr als 20 Metern Höhe würde, so viel steht fest, das Stadtbild empfindlich verändern. Wie viele der anliegenden, teils ebenfalls denkmalgeschützten Altbauten für die Umsetzung abgerissen werden müssten, ist ungewiss. In einer Sache aber konnte die Stadt Klarheit schaffen: Im Falle einer Sanierung müsste die Deutsche Bahn „im Wesentlichen“ die Kosten tragen.
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