Streit über Nachtruhe im Sielwallhaus: Viel Lärm um links
Ohne Beweise wollte eine Eigentümergemeinschaft gegen ein linkes Jugendzentrum klagen. Das Gericht riet den Streitparteien, miteinander zu reden.
Der Richter hielt die Streitparteien dazu an, sich im nächsten Schritt zur Mediation an einen Güterichter zu wenden. Für eine Unterlassungsklage reichten laut Richter keine pauschalen Behauptungen. Um zu bestätigen, dass die gesetzliche Nachtruhe nach 22 Uhr gestört werde, müssten konkrete Dezibel-Messungen und -zahlen erstellt werden, welche die Kläger allerdings nicht vorlegen konnten.
Offiziell beklagt war die Stadt Bremen als Eigentümerin des Gebäudes, in dem der Verein Jugendinitiative Sielwallhaus e.V. sitzt. In der Gerichtsverhandlung nahm Immobilien Bremen Stellung zu den Vorwürfen.
Die Beteiligten hatten bereits im Voraus versucht, sich außergerichtlich zu einigen. Die Gespräche wurde aber „überraschenderweise“ abgebrochen und von der Eigentümergemeinschaft vor Gericht gebracht.
Den Eigentümern zufolge hat dies daran gelegen, dass die gesetzliche Nachtruhe von 22 Uhr grundsätzlich in Frage gestellt wurde und der Streit daher ohne gerichtliche Hilfe nicht zu lösen sei. „Jeder muss sich daran halten, warum die nicht?“, beklagte sich die Vermieterin des Nachbarhauses, die selbst nicht dort wohnt, jedoch von Anrufen der Mieter berichtet, die sich über Lärm und Küchengerüche beschwerten.
Luftabzug gegen Küchengerüche
Gegen die Gerüche sei mit einem verbesserten Luftabzug bereits etwas getan worden, sagte ein Vorsitzender des Sielwallhauses, der den Verein in der Gerichtsverhandlung vertrat. Von Partys, die länger als 22 Uhr liefen, habe es in der Vergangenheit auch nur jeweils eine Handvoll pro Jahr gegeben, der Vorwurf, dass dort „wild rumgefeiert“ werde, sei nicht korrekt.
Der Richter verweist auf unterschiedliche Lärmempfindlichkeiten und sagte: „Es gibt nun mal Musik, die man nur ein wenig lauter hören kann – sonst macht das keinen Spaß.“ Er stellte in Frage, ob es für ein Jugendzentrum die Rechtsgrundlage für öffentliche Veranstaltungen nach 22 Uhr gebe. Durch die unbegrente Zahl von Teilnehmer*innen gingen diese über normale Nachbarschaftsfeiern hinaus.
Allerdings verwies er auf die negativen Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit. Er mahnte in Richtung Zuschauerraum, dass jüngere Leute tolerant gegenüber dem Ruhebedürfnis von älteren Menschen sein müssten.
Veränderung des Viertels beklagt
Gekommen waren rund fünfzehn Unterstützer*innen des Sielwallhauses. Ein älterer Herr ohne Ruhebedürfnis erzählte bereits vor der Verhandlung, dass er 1984 bei der Eröffnungsveranstaltung des Sielwallhauses dabei war und heute aus Solidarität gekommen sei.
Gleichzeitig machten sowohl Richter als auch Beklagte die Lage des Hauses in der Nähe der Sielwallkreuzung geltend. Es sei natürlich auch gerichtsbekannt, dass sich das Haus in einer auch zur späten Stunde lebhaften Gegend mit vielen ebenfalls lauten Kneipen und Verkehr befinde. Da sei „doch menschlich verständlich, wenn drauflos gekocht und gefeiert wird – wir waren doch alle mal jung“, so der Richter.
Das Jugendzentrum hatte vor der Verhandlung beklagt, dass das Viertel sich verändert habe, zunehmend Besserverdienende anziehe, die dort ruhig wohnen wollten. Der Richter war der Meinung, dass es sehr gute Gründe für die Existenz des Sielwallhauses gebe, das auch durch soziale Dienste gefördert werde. Er schlug den Streitparteien etwa vor, bestimmte Tage, an denen gefeiert werden darf, zu vereinbaren.
Eigentümer wollen Nutzungsregelung
Die Eigentümer deuteten an, dass sie auch mit einer Art Nutzungsregelung zufrieden seien und führten an, keine aberwitzigen Forderungen zu stellen. Man wolle das Sielwallhaus nicht weg haben, sondern vor allem den Punkt mit den Uhrzeiten geklärt haben. Der Wortlaut der Beschwerdebriefe sei seit 20 Jahren der gleiche und „wir würden es gerne nach 20 Jahren mal formalisieren“.
Dem Verein sei selbstverständlich bewusst, dass gesetzliche Vorschriften auch für ihn gälten, man habe mit Lärmschutzvorhängen und einer Ausbesserung der Haustür bezüglich des Lärmschutzes bereits versucht, die Problematik zu verbessern.
Hoher Sanierungsbedarf
Auch ein „Partytelefon“ für Lärmbeschwerden sei eingerichtet worden. Die Anwältin von Immobilien Bremen verweist jedoch auf den Sanierungsbedarf, der auch dem Vorsitzenden des Sielwallhauses zufolge immens hoch ist.
Die alten Wände mit Rohrleitungen würden den Lärm teilweise sogar verstärken, aus eigenen Mitteln könne eine Sanierung von dem selbstverwalteten Jugendzentrum jedoch nicht gestemmt werden, sagte die Anwältin.
Bei einigen Punkten sei sicher eine Einigung möglich, so der Richter, bei anderen müsse man noch einmal schauen. Eigentümer und Stadt sind zu einer Güteverhandlung bereit – im Sielwallhaus will man über eine Teilnahme abstimmen.
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