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Polizei-Tweet mobbt DemonstrantenNeutralität? Nein, danke!

Polizei diskreditiert auf Twitter Gegner der rechtsextremen „Merkel muss weg“-Demo als „Protestklientel“. Böse gemeint sei das nicht, sagt sie.

Protest gegen die Anti-Merkel-Demo: Gegendemonstranten oder „Protestklientel“? Foto: dpa

Hamburg t |az Dass Hamburgs Polizei eine eifrige Social-Media-Abteilung hat, ist allen spätestens seit dem G20-Gipfel bekannt. In meist lockerer Sprache informiert sie da gerne über die eigene Arbeit und spart auch nicht mit Emoticons.

Auch am Montag war sie auf Twitter wieder aktiv: Am Dag-Hammarskjöld-Platz hinter dem Bahnhof Dammtor fand die rechtsextreme „Merkel muss weg“-Demonstration statt. Im Verlauf der Veranstaltung twitterte sie dazu: „Aktuell nehmen ca. 350 Personen an der Versammlung am Dag-Hammarskjöld-Platz teil. Im Umfeld befinden sich ca. 1000 Personen Protestklientel.“ Protestklientel? Was soll das denn sein?

Prompt ging auf Twitter die Diskussion los: „Liebe Polizei Hamburg, hört bitte auf, die absolut notwendigen Gegendemonstranten als Protestklientel zu verunglimpfen. Was geht denn bei euch?“, war zu lesen. Oder: „Ich find es bedenklich, dass Sie die Gegendemonstrant*innen derart diffamieren!“

Teilnehmer*innen der rechtsextremen Demonstration neutral bezeichnen, bürgerliche und linke Gegner*innen jedoch unter einem als abwertend empfundenen Begriff wie „Protestklientel“ zu summieren ging einigen zu weit. Ob die Polizei vergessen habe, dass sie sich zumindest neutral zu äußern habe, war deshalb die große Frage – beantworten wollte sie sie zumindest auf Twitter nicht. Die von mehreren Menschen getweetete Frage blieb ohne Reaktion.

Polizei wiegelt ab

„Damit waren Versammlungsgegner gemeint“, hieß es gestern aus der Pressestelle der Polizei. Der Begriff sei üblich im dienstlichen Sprachgebrauch. Und vor allem: „Der Begriff ist nicht negativ gemeint.“ Dass das von den gemeinten Menschen aber so empfunden wird, kann die Hamburger Polizei nicht nachvollziehen. Und dass die Rechten damit als normale Demonstrierende dargestellt werden, offensichtlich auch nicht.

Doch sogar der Hamburger Verfassungsschutz hatte sich schon kritisch zu den Montagsdemos geäußert. „Die eigentlichen Initiatoren haben nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zum Teil einen Vorlauf in rechts­extremistischen Strukturen und entstammen auch dem Türsteher- und Althooligan-Milieu“, erklärte er. Die biedere konservative Darstellung sei lediglich Fassade.

Die rechtsextreme Montagsdemo fand vorgestern zum bereits vierten Mal statt. Zum Protest aufgerufen hatten vor allem linke Gruppen. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) hatte eine Gegenversammlung angemeldet. Die Polizei war wieder einmal mit einem Großaufgebot im Einsatz. Mehr als 1.100 Beamt*innen sowie mehrere Wasserwerfer standen bereit. Ein Gegendemonstrant wurde dabei verhaftet, ansonsten blieb es ruhig.

Unreflektierte NSU-Mail

Es ist nicht das erste Mal, dass die Tweets der Hamburger Polizei zumindest arg unreflektiert daherkommen. Nachdem der Film „Aus dem Nichts“ über die NSU-Morde im Januar mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde, tweetete sie: „Wir sind ein bisschen stolz, dass auch bei uns im Büro gedreht wurde!“

Dass in der Hamburger Polizei gedreht wurde, weil sie über ein Jahrzehnt den Mord an Süleyman Taşköprü nicht aufgeklärt hatte, sondern rassistische Ermittlungen im Opferumfeld anstellte, schien sie wohl nicht so richtig verstanden zu haben.

Deshalb ist auch allgemein fraglich, ob Behörden in sozialen Netzwerken so aktiv sein müssen. Allerdings sind die Plattformen ideal, um das eigene Image aufzupolieren und ein engeres Verhältnis zur Bevölkerung zu bekommen.

Das hat Folgen: „Es verändert sich die Kommunikation der Polizei nach außen, man gibt sich ein anderes Gesicht. Sie ist schneller, dafür büßt sie an Präzision und politischer Korrektheit ein“, fasst es Rafael Behr, Professor an der Akademie der Polizei, zusammen. Am hierarchischen Verhältnis zwischen Bürger*innen und Polizei ändere das aber natürlich nichts.

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6 Kommentare

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  • ...das Kumpel-Foto zwischen einem Beamten und einem HH-Neonazi erklärt alles....

  • „Der Begriff ist [von der Hamburger Polizei] nicht negativ gemeint.“ Wen interessiert das? Ein Urteil unter dem Stichwort "rechtswidrige Abtreibungen" besagt gerade, dass es auf den Adressatenkreis ankommt, also in diesem Fall u.a. die gemeinten Menschen. Einfach 'mal den ViSdP für den Polizeitwitter medial begleitet verklagen und schau'n 'was dabei herauskommt.

  • Hier wird mal wieder die Frage gestellt, wie ernst Tweets zu nehmen sind. Ich verstehe das. Twitter ist ein vergleichsweise neues Massenmedium. Eins, dessen Bedeutung noch nicht ganz absehbar ist. Neu daran ist vor allem, dass es dem Denken (enge) Grenzen setzt. Wer Twitter nutzen will, der muss sich kurz fassen. Das kann sinnvoll sein. Muss aber nicht. Manchmal ist knackig einfach nur doof.

     

    Wenn Trump twittert, ist die Welt fasziniert. Wieso? Dass der Mann keine langen und womöglich nicht einmal sinnvolle kurze Sätze formulieren kann, ist doch spätestens seit seinem Wahlkampf klar. Wie lange kann das noch als Nachricht gelten? Doch nur, so lange Trump noch Macht ausübt.

     

    Die Hamburger Polizei ist hin und wieder etwas rechtslastig. Auch das ist bekannt. Nicht bekannt ist mir persönlich, ob Hamburger Polizisten bei ihrer Einstellung auf ihren Wortschatz oder Vernunft getestet werden. Die Nachrichtenlage lässt mich vermuten: Eher nicht. Woher also die Aufregung? Ich meine: Da hat jemand getippt. Vermutlich eher aus dem Bauch heraus als aus dem Kopf. Man kann sich aufregen, klar. Aber muss man auch?

     

    Mal sehen. Der Wortteil Protest kann es nicht sein. Protestieren wollten die 1.000 Menschen am Rande der Demo vermutlich. Bleibt der Klient. Der ist laut Lexikon ein „Auftraggeber oder Leistungsempfänger bestimmter Beratungsberufe, etwa von [...] Rechtsanwälten […] oder Sozialpädagogen.“ Und von Ärzten.

     

    Nach allem, was mir die taz über die Hamburger Polizei bisher erzählt hat, kann es gut sein, dass die Protestierer demnächst eine (Rechts-)Beratung brauchen werden, und zwar eine gute. Womöglich muss man ja schon froh sein, dass er nicht gleich über Protest-Patienten getwittert hat (vergl.: Wikipedia). Mit Körperverletzungen sollte den Demonstranten also offenbar nicht gedroht werden. Auch nicht unbewusst.

     

    Ja, ich denke, man kann sich aufregen. Aber nicht in Tweet-Länge. Etwas mehr „Schmalz“ sollte schon sein. Motzen können schließlich sogar Hamburger Polizisten.

  • „…weil sie über ein Jahrzehnt den Mord an Süleyman Taşköprü nicht aufgeklärt hatte,…“ Häh??? Hab ich was verpaßt? Bis heute ist kein einziger der 10 Morde aufgeklärt! Oder wieso suchen gewisse Kreise ein Unterstützerumfeld und haben bis heute noch niemanden ausfindig gemacht? Und wieso wir überhaupt das Vorhandensein eines Unterstützerumfeldes angenommen? Weil es keine einzige Spur der Uwes an den 27 Tatorten gibt? Weil sie niemand dort gesehen hat? Weil in der Öffentlichkeit keiner weiß, warum ausgerechnet diese 11 Menschen (inkl. überlebender Polizist Arnold) zum Ermorden ausgesucht wurden? Weil es über 4000 unbekannte DNA-Spuren an den Tatorten gab, ohne Kreuztreffer?

  • „Es verändert sich die Kommunikation der Polizei nach außen, man gibt sich ein anderes Gesicht. Sie ist schneller, dafür büßt sie an Präzision und politischer Korrektheit ein“ - also ungefiltert und ehrlicher - sie zeigt das wahre gesicht? seit G20 mag ich nicht mehr so recht an ein blosses attitude problem glauben

     

    die SPD rutscht in den umfragen fuer hamburg gerade von 48% auf 28% ab #byebyespd ?

    • @the real günni:

      Da fällt mir ein Satz aus der Kolumne von Deniz Yücel ein, die am 4.8.2011 in dieser Zeitung erschien ( http://www.taz.de/!5114887/ ), den man passenderweise auf die SPD ummünzen kann; „Der baldige Abgang der SPD aber ist Parteiensterben von seiner schönsten Seite.“