: Prozess gegen AfD-Abgeordneten
Erst Volksverhetzung, jetzt Zigarettenschmuggel: Branden-burger AfDler wieder vor Gericht
Der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Jan-Ulrich Weiß war auch bisher alles andere als unumstritten: Der uckermärkische Kreisparteivorsitzende, der im Herbst für den AfD-Landeschef Alexander Gauland in den Landtag nachrückte, gehört zum ganz rechten Rand in der AfD und sollte 2014 noch aus der Partei ausgeschlossen werden, weil er auf Facebook eine antisemitische Karikatur veröffentlicht hatte. Vom Vorwurf der Volksverhetzung in diesem Zusammenhang wurde er 2016 freigesprochen, seit Montag steht er nun wegen eines ganz anderen Delikts erneut vor Gericht: Weiß soll 2013 an einem groß angelegten Zigarettenschmuggel beteiligt gewesen sein.
Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Neuruppin bestritt der 42-Jährige die Vorwürfe. Die Anklage wirft dem Abgeordneten vor, gemeinsam mit einem 37 Jahre alten Mitangeklagten Anfang 2013 den Schmuggel von rund 5,8 Millionen unversteuerten Zigaretten aus den Niederlanden nach Großbritannien organisiert zu haben.
„Ich hatte keine Ahnung von irgendwelcher Schmuggelware“, sagte Weiß am Montagvormittag. Vielmehr habe er für den Mitangeklagten damals als „Befrachter“ ausschließlich Ladungen für legale Frachtfahrten im europäischen Raum abgewickelt.
Der Mitangeklagte legte hingegen schon am Montag ein Geständnis ab: Er ließ über seine Anwältin erklären, er habe gemeinsam mit Weiß Anfang 2013 die Schmuggelfahrten organisiert. Zuvor hatte die Strafkammer dem 37-Jährigen eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren in Aussicht gestellt, falls er ein umfassendes Geständnis ablege.
Laut Anklage soll den Niederlanden bei den Transporten ein Steuerschaden von mehr als einer Million Euro entstanden sein. Im Falle einer Verurteilung droht Weiß eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
Weiß’ Immunität musste für die Ermittlungen nicht aufgehoben werden: Anders als in anderen Parlamenten der Bundesrepublik, die prinzipiell von einer Immunität der Abgeordneten ausgehen, bedarf es in Brandenburg eines besonderen Landtagsbeschlusses, um einen Mandatsträger während der Wahlperiode vor Strafverfolgung zu schützen.
Die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag hält bisher an Weiß fest: Der Fraktionsvorsitzende Andreas Kalbitz hatte erklärt, man wolle das Ergebnis des Verfahrens abwarten, da auch für Weiß die Unschuldsvermutung gelte.
Als Weiß 2014 die umstrittenen Karikaturen auf Facebook gepostet hatte, war die AfD noch eine andere Partei. Der heutige Parteivorsitzende Alexander Gauland hatte Weiß damals scharf kritisiert und ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet, das allerdings vor dem Bundesschiedsgericht der Partei scheiterte. Der Fraktionschef der Brandenburger Grünen, Axel Vogel, zeigte Weiß 2014 wegen Volksverhetzung an, der Prozess endete allerdings überraschend mit einem Freispruch: Das Amtsgericht Prenzlau sah in der fraglichen Karikatur keinen antisemitischen Bezug. (taz, dpa)
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