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Humanitäre Krise im JemenHilfswerke schlagen Alarm

Im Jemen läuft eine Frist ab, während der die Blockade des wichtigsten Hafens gelockert wurde. Seine Schließung würde eine Katastrophe auslösen.

Es fehlt an den nötigsten Versorgungsmitteln Foto: ap

Berlin taz | Siebzehn im Jemen tätige Hilfsorganisationen haben die vollständige und bedingungslose Öffnung von Hudeidah, dem größten Hafen des Landes, gefordert, damit die Menschen wieder regelmäßig Zugang zu Nahrung, Treibstoff und medizinischer Versorgung erhalten. Anlass für den internationalen Aufruf ist, dass am Freitag eine dreißigtägige Frist ausläuft, während der die Blockade des Hafens gelockert wurde.

Seit knapp drei Jahren führt eine von Saudi-Arabien geleitete arabische Militärkoalition Krieg gegen die Huthi-Rebellen, die Sanaa, die Hauptstadt des Landes, kontrollieren. Seither wurden etwa 10.000 Menschen getötet und zehntausende verletzt. Fast 85 Prozent der 26 Millionen Jemeniten sind mittlerweile auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Nach Angaben von Tamer Kirolos, dem Direktor des Landesbüros von Save the Children, kämpft inzwischen das ganze Land ums Überleben. „Es gibt keine tragfähige Alternative zur kompletten Öffnung des Hafens. Jeder Plan oder Deal der Konfliktparteien, der das ignoriert, wird das Elend der Menschen verschärfen. Die humanitäre Gemeinschaft muss uneingeschränkt arbeiten, um Leben retten und Leid lindern zu können,“ teilte Kirolos in einer Presseerklärung mit.

Die Landesdirekton von Oxfam im Jemen ergänzte: „Wenn der Hafen von Hudaidah wieder geschlossen wird und die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Treibstoff und sauberem Trinkwasser zusammenbricht, müssen Millionen von Menschen den Preis zahlen.“

Kriegsparteien blockieren Hilfsgüter

Nach Angaben des Verifikations- und Inspektionsmechanismus der UNO für den Jemen (UNVIM) wurden 2017 nur etwa 1,69 Millionen Tonnen Treibstoff über die Häfen Hudeidah und Ras Isa am Roten Meer in das Land eingeführt. Dies ist nur ein Drittel der benötigten Menge. Der Treibstoff ist wichtig für die Wasser- und Stromversorgungen sowie die sanitären Einrichtungen.

Hinzu kommen nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker die anhaltenden bürokratischen Praktiken Saudi-Arabiens und der Huthi-Rebellen, die eine schnelle Abwicklung der Einfuhr lebenswichtiger Güter regelrecht verhindern. Die Folge sind extreme Nahrungsmittelknappheit und Preissteigerungen.

Über den Hafen von Hudeidah werden etwa siebzig Prozent der Importe des Jemen abgewickelt. Ein positives Signal für eine Eröffnung des Hafens oder eine erneute Lockerung der Blockade könnte möglicherweise sein, dass vier riesige Kräne, die im August 2015 durch Luftangriffe der Militärkoalition zerstört wurden, jetzt mit US-Unterstützung ersetzt werden.

Am Dienstag forderte auch die UNO, den Hafen Hudeidah über den 19. Januar hinaus offen zu halten. Der Jemen gilt als das weltweit am stärksten von einer humanitären Krise bedrohte Land. Der UNO zufolge sind 8,3 Millionen Menschen völlig von humanitärer Hilfe abhängig, am vielleicht schwersten sind die Kinder betroffen. 400.000 von ihnen leiden unter akuter Unterernährung, die tödlich sein kann. Von den drei Millionen Kindern, die seit Kriegsausbruch geboren wurden, kamen dreißig Prozent verfrüht auf die Welt, weitere 30 Prozent hatten Untergewicht und 25.000 Kinder starben bei der Geburt oder im ersten Monat ihres Lebens.

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2 Kommentare

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  • Sogenannte Hilfsgüter sind gut für ihre Produzenten und Händler und verlängern Konflikte die in der Natur der Konfliktparteien liegen.

  • Im Deutschlandfunk haben sie gesagt, der Krieg wäre vorbei, auf den Märkten gebe es alles, es fehle nur an Geld.