Antisemitismus auf Youtube: Strafanzeige gegen Berliner Lehrer
Ein Lehrer einer Berliner Grundschule verbreitet auf Youtube antisemitische Verschwörungstheorien und zweifelt am Holocaust.
Wegen solcher Äußerungen hat die Berliner Senatsverwaltung für Bildung jetzt Strafanzeige gegen den Lehrer gestellt. Zuerst hatte der Tagesspiegel über den Fall berichtet.
Auf dem evangelischen Kirchentag störte der 37-jährige „Volkslehrer“ durch laute Zwischenrufe eine Schweigeminute für Menschen, die auf der Flucht ums Leben gekommen sind. Angela Merkel schrie er während eines Vortrags entgegen: „Diese Frau ist keine Kanzlerin des deutschen Volkes, sie ist eine Dienerin der Finanzeliten!“ Den Begriff nutzen antisemitische Verschwörungstheoretiker um eine vermeintliche „jüdische Weltverschwörung“ anzudeuten.
N.'s Videos bekommen ein paar tausend Klicks, in der Onlinewelt ist das nicht viel. Doch Nikolai N. ist nicht nur Aktivist, sondern auch Lehrer an der Vineta-Grundschule in Berlin-Wedding. Dort unterrichtet er die Fächer Englisch, Musik und Sport. Er macht keinen Hehl daraus, dass er im Schuldienst beschäftigt ist. N. behauptet, dass seine Videos im Kollegium eifrig diskutiert würden. In einem Interview gibt er an, dass auch seine SchülerInnen den Kanal kennen. Sie beneideten ihn um die vielen Abonnenten. „Manche kommentieren auch meine Videos“, sagt er. Die Kinder seien aber nicht sein Zielpublikum.
Bereits Konflikt an einer anderen Schule
Ende 2015 ließ sich N. während des laufenden Schuljahrs von der Moabiter Grundschule an die Vineta-Grundschule versetzen. Wie die taz aus Verwaltungskreisen erfuhr, war dem Wechsel ein Konflikt vorausgegangen, weil N. seiner Klasse einen verschwörungstheoretischen Film gezeigt hatte. Ist er an seiner jetzigen Schule auch schon mit abstrusen Thesen aufgefallen? Die Schulleitung wollte gegenüber der taz zu der Angelegenheit keine Stellungnahme abgeben.
Auch N. selbst wollte sich gegenüber der taz nicht schriftlich äußern.
Den Youtube-Kanal betreibt N. seit September 2017, auf der Straße ist er schon länger politisch aktiv. Fotos zeigen ihn auf einer „Friedensdemo“ im Oktober 2016. Er steht auf dem Alexanderplatz und hält ein großes Plakat in die Luft, auf dem er die Streichung des Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches fordert. Der stellt Volksverhetzung und die Leugnung des Holocaust unter Strafe. Auf der Rückseite steht: „Zionisten stecken hinter den Geheimdiensten.“ Und: „Die Geschichte des Holocaust ist eine Geschichte voller Lügen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen