Die was bewegt haben (II): Weder Frau noch Mann
Intersexuelle mussten sich in Ausweisen bislang als „männlich oder weiblich“ eintragen lassen. Vor Gericht setzte Vanja eine dritte Option durch.
Vanja ist 1989 geboren und wurde vom Standesamt als Mädchen registriert. In der Pubertät blieb die Menstruation aber aus, und es wuchs kein Busen. Auch wenn die äußeren Geschlechtsorgane die eines Mädchens waren, ist der Chromosomensatz weder männlich noch weiblich: Vanja hat nur ein X-Chromosom, nicht XX oder XY.
Zunächst nahm Vanja weibliche Sexualhormone, inzwischen sind es männliche, auch um unauffällig auszusehen. Ein Mann ist aber Vanja auch nicht: „Es fühlt sich für mich immer so an, als würde ich nur einen Teil von mir zeigen“, sagte Vanja der Jungle World. Die Anerkennung als intersexueller Menschen ist Vanja wichtig. Insofern ist die seit 2013 bestehende Möglichkeit, keine Angabe zum Geschlecht zu machen, für Vanja unbefriedigend: „Für mich ist es keine gleichwertige Option zu sagen, die einen haben eine konkrete Identität und die anderen haben eine Leerstelle.“
In vielen Situationen, bei der Anmeldung bei einem Sportverein oder auch nur beim Gang aufs die Toilette, muss man entweder Frau oder Mann sein. Sobald man sich in diesem binären Modell nicht verorten kann, wird es schwierig. Durch die Einführung einer weiteren, positiven Option wie „inter/divers“ oder nur „divers“ würde Intersexualität sichtbarer werden. Vanja wünscht sich, dass diese Option breit gefasst wird, so dass sich möglichst viele Menschen damit identifizieren können.
Identität selbst wählen
Beim Kampf für eine dritte Option geht es nämlich auch um Selbstbestimmung intersexueller Menschen. „Die Definitionsmacht der Medizin und der Psychologie muss endlich aufgehoben werden, sodass die Menschen ihre Identität wählen können“, sagt Vanja. „Das sollten nicht irgendwelche Mediziner und Psychologen ‚feststellen‘“. Vanja fordert das Ende der Operationen von zwischengeschlechtlichen Menschen ohne ihre Zustimmung.
Neben der Einführung einer dritten positiven Option hat der Gesetzgeber bis Ende 2018 noch eine zweite Möglichkeit: Die Geschlechtereintragung insgesamt abzuschaffen. Langfristig findet Vanja diese Lösung am besten: „Es sollte offizielle Stellen nicht interessieren, was man für ein Geschlecht hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Scheitern der Ampelkoalition
Ampel aus die Maus
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Antisemitismus-Resolution im Bundestag
Kritik an Antisemitismus-Resolution