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Ermittlungen um G20-ProtesteFahnder suchen Öffentlichkeit

Fotos und Videos mutmaßlicher Straftäter sollen der Hamburger Polizei bei den G20-Ermittlungen helfen.

Die Soko „Schwarzer Block“ bittet um Mithilfe Foto: dpa

Hamburg/Berlin taz | Kurz bevor das Jahr für die Soko „Schwarzer Block“ ohne nennenswerte Ermittlungserfolge endet, gehen Hamburgs Polizei und Staatsanwaltschaft nochmal in die Offensive: Am Montag veröffentlichten die Ermittler Fotos und Videosequenzen, auf denen mutmaßliche Gewalttäter der G20-Ausschreitungen Anfang Juli zu erkennen sein sollen.

Damit setzen die Ermittler über fünf Monate nach dem Gipfeltreffen in Hamburg zu einer nach eigenen Angaben „in dieser Größenordnung bisher einmaligen“ Öffentlichkeitsfahndung an, bei der sie 104 Fotos von Personen präsentieren, die sie bisher nicht identifizieren konnten. Die Bilder verbreitet die Polizei auch auf ihrer Internetseite.

Damit Bilder von Verdächtigen veröffentlicht werden dürfen, muss eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegen. Es liege in jedem einzelnen Fall ein Beschluss vor, dass es sich um eine entsprechende Straftat handele, erklärte Oberstaatsanwalt Michael Elsner. Meist gehe es um gefährliche Körperverletzung, schweren Landfriedensbruch oder Brandstiftung.

Außerdem stellte die Polizei Videosequenzen besonders schwerer Ausschreitungen vor – darunter Szenen vom Rondenbarg, den Plünderungen im Schanzenviertel und von der Elbchaussee, wo 220 Vermummte die Straße entlanglaufen und Einzelne dabei Autos anzünden.

Mithilfe von Medien

Damit die Fahndung erfolgreich ist, appellierte Polizeisprecher Timo Zill an die Journalisten: „Liebe Medienvertreter, wir haben die Bitte an Sie, dass Sie die Polizei und die Staatsanwaltschaft tatkräftig unterstützen.“ Dass die Polizei auf eine Zusammenarbeit mit den Medien setzt, ist nicht neu. Einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion zufolge hat der Hamburger Senat „lokale und überregionale Sender kontaktiert, die über den G20-Gipfel berichtet haben“ – und sie um die Herausgabe ihres Videomaterials gebeten. Der NDR, das ZDF, N24, RTL, Sat.1 und n-tv sowie mehrere Produktionsfirmen haben entsprechende Anfragen erhalten, berichtete Anfang Dezember das Medienmagazin „Zapp“.

Fast alle gaben nur Material raus, das ohnehin ausgestrahlt worden war – allerdings in besserer Qualität. Zudem räumte eine Produktionsfirma ein, unveröffentlichtes Rohmaterial herausgegeben zu haben. Auch der Sender n-tv, der zu RTL gehört, gab 10 Minuten unveröffentlichte Aufnahmen heraus – angeblich aus Versehen.

Ich bitte die Bevölkerung um Mithilfe

Polizeichef Ralf Martin Meyer

Insgesamt sind laut Polizei Anfang Juli bis zu 6.000 Gipfelgegner straffällig geworden. Die dafür eingesetzte Soko „Schwarzer Block“ habe bis jetzt 3.340 Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagte Polizeisprecher Timo Zill. Mehrere Hundert Beschuldigte seien der Polizei namentlich bekannt.

Hamburgs Polizeichef Ralf Martin Meyer bezeichnet die neue Öffentlichkeitsfahndung auf Twitter als einen Meilenstein: „Wichtig ist es, die Täter schwerer Gewalttaten zur Verantwortung zu ziehen. Dazu bitte ich die Bevölkerung um Mithilfe.“

Linksradikale Reaktion aus Berlin

Vor dem Hamburger Polizeipräsidium verteilte ein Aktivist, der seinen Namen nicht nennen mochte, in Polizeibegleitung Flyer gegen die Beteiligung an Denunziation. Als Reaktion auf die öffentliche Fahndung veröffentlichten Aktivisten aus dem Umfeld des linksradikalen Hausprojekts Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain einen „Aufruf zum Widerstand“ mit Fotos von 54 Polizisten.

Die Beamten sollen im vergangenen Jahr bei der im Nachhinein für rechtswidrig erklärten Räumung der Kneipe „Kadterschmiede“ und den darauf folgenden Sicherungsmaßnahmen beteiligt gewesen sein. Die Verfasser machen die Polizisten für „die Gewalt der drei Wochen der Belagerung“ verantwortlich und schrieben: „Wir freuen uns über Hinweise, wo sie wohnen oder privat anzutreffen sind.“ Der Beitrag wurde veröffentlicht auf der Internetseite Indymedia.

Die Polizei bezeichnete in einem Tweet die Veröffentlichung der Fotos als „NoGo“, der Staatsschutz des LKA leitete „umfangreiche Ermittlungen“ ein. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach von einer „unerträglichen Denunziation“ und einem „offenen Gewaltaufruf“ gegen Polizisten.

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4 Kommentare

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  • Wenn das eine sinnvolle Medienaktion hätte sein sollen, hätten die Polizistenfotos anonymisiert sein müssen - mit einem Untertitel wie "Unrechtsstaaten würden hier die Gesichter der Täter zeigen"

  • Ja, da hat der Herr Innensenator allerdings recht. Diese Öffentlichkeitsfahndung als Antwort auf politische Konfliktlinien und deren offenes zu Tage treten ist ein Aufruf zu einer "unerträglichen Denunziation" und die von Polizisten während des Gipfels verübte "offene Gewalt[...]" folgte wahrscheinlich einem direkten Aufruf eben dieses Innenministers. Also Herr Geisel, wie sie in den Wald rufen, so schallt es heraus.

  • Die Idee aus der Rigaer Straße bekommt ein dickes "Gefällt mir". Dass straffällig gewordene Polizisten auch so gesucht werden sollten, ist mehr als gerecht.

     

    Dass die Hamburger Polizei offenbar nicht einen einzigen Polizisten, der seine Kompetenzen überschritten hat, sucht, zeigt, dass andere dies machen müssen.

    • @Age Krüger:

      Also darf jeder mit jedem Machen, was er wil ,wenn etwas nicht so ist wie er meint.

      Diese verdammte Rechtfertigung für Straftaten, egal von welcher Seite von Verblendeten Idioten, wird leider nicht aussterben.

      Es ist traurig genug, wenn es in Deutschland Rechtfreie Räume wie die Rigaer Str. überhaupt geben darf, und diese auch noch zur Selbstjustiz aufruft.

      Wer solche Auswüchse gutheißt, öffnet jedem Wahnsinn die Tür.