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Umstrittener Tunnelbahnhof S21Gegner wollen Projekt beenden

Sieben Milliarden Euro koste ein Abbruch des Schienenprojekts, heißt es in einem Gutachten. Quatsch, sagen Aktivisten.

Irgendwie Düster. So sieht er aus, der Weg zur Fertigstellung von S21 Foto: dpa

Berlin taz | Eine Woche vor der entscheidenden Sitzung des Bahn-Aufsichtsrats werfen die Gegner des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 der bundeseigenen Deutschen Bahn AG Desinformation vor. In der Kritik steht insbesondere die in Medienberichten genannte Zahl aus der Studie einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Ausstieg aus dem Projekt verursache Kosten von 7 Milliarden Euro. „Diese Zahl ist so absurd und durch nichts belegbar, dass wir diesmal hoffen, Politik und Öffentlichkeit werden der DB nicht erneut auf den Leim gehen“, sagte jetzt der Sprecher der S21-Gegner, Eisenhart von Loeper.

In einem von den Gegnern beauftragten Gutachten hatte das Büro Vieregg-Rössler im Oktober 2016 deutlich geringere Kosten für einen Ausstieg und eine Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs genannt. Bezogen auf die derzeit in Aussicht stehenden Gesamtkosten ergebe sich ein Einsparvolumen von rund 3,2 Milliarden Euro.

Bahn, Bund und das Land Baden-Württemberg wollen den Stuttgarter Bahnknoten umbauen und dabei auch den Kopfbahnhof durch einen Tunnelbahnhof ersetzen. In einer Volksbefragung hatten sich die Baden-Württemberger mehrheitlich für das technisch komplizierte Projekt entschieden.

Während sich die politische Diskussion darum dreht, wer für die Mehrkosten aufkommen muss, wollen die Gegner das Projekt beenden. Ihr Argument: Die Gelder für ein unwirtschaftliches Projekt seien ohnehin verloren. „Deshalb kann es bei Stuttgart 21, anders als bei der Hamburger Elbphilharmonie, keinen ‚Point of no Return‘ geben.“

Das hieße zu Ende gedacht: Selbst kurz vor dem Abschluss und der Inbetriebnahme des neuen Tunnelbahnhofs sind aus Sicht der Gegner ein Abriss und ein Umbau des Kopfbahnhofs auf Dauer günstiger, als die bis dahin gebauten Tunnel, Bahnsteige und Schienen zu nutzen.

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14 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Vielleicht ist der Projektstopp auch für den BER eine Lösung? Man könnte ein super Mahnmal daraus machen. "Unfähig, aber sexy".

  • Da sollen die Aktivisten doch mal sammeln gehen...

    Mal gucken, weiviel die "Grünen" für den teueren Ausstieg so geben, Sie sind ja jetzt teilweise auch für S 21. Da reift späte Einsicht heran. Es geht doch!

    ...

    • @Hartz:

      Stimmt. Selbst Bahnchef Grube ist zu der Erkenntnis gekommen, dass das nichts mehr wird und hat entsprechend das Unternehmen verlassen. Genauso wie Kefer, genauso wie Azer, genauso wie Felcht, ...

  • Bitte den Punkt § 2 (2) beachten: "Kann danach die Finanzierung nicht ..

     

    Finanzierungsvertrag Stuttgart 21

    30. März 2009

    Die Parteien 1-3 Land und Partner, 4. Flughafen Stuttgart GmbH sowie 5. die DB Netz AG, 6. die DB Station&Service AG, 7. die DB Energie (5 - 7 EIU genannt) und 8. die Deutsche Bahn AG

    schließen folgenden „Finanzierungsvertrag“

    zu Stuttgart 21 nachfolgend „Projekt“ genannt - als Teil des Gesamtprojektes Stuttgart 21 und Neubaustrecke Wendungen - Ulm (nachfolgend „Gesamtprojekt) genannt).

    § 1 Definitionen (1) Im Sinne dieses Vertrages ist:

    das Projekt die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart, bei welcher der Kopfbahnhof durch einen tiefliegenden Durchgangsbahnhof ersetzt und an die Bestandsstrecken angeschlossen wird; der Anschluss an die Neubaustrecke Wendungen - Ulm ist Bestandteil des Projektes;

    $ 2 Vorbemerkung

    (1) …

    (2) Für die DB AG und die EIU ist es im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens von besonderem Interesse, dass für die DB AG und die EIU aus der Realisierung des Gesamtprojektes keine umkalkulierbaren Risiken entstehen und dass die Wirtschaftlichkeit dargestellt ist. Die Vertragsparteien stellen fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der DB AG mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzungen im Rahmen der Modellrechnung, deren Zusammenfassung diesem Vertrag in Anlage 2.2 (vertraulich - nicht für Dritte) beiliegt, belegt wurde.

     

    Für den Fall, dass … eine Erhöhung der für das Projekt aufzuwendenden Gesamtkosten zu erwarten ist, welche zusätzlich die unter § 8 Abs. 3 vereinbarten Beiträge übersteigt, werden die Vertragsparteien Verhandlungen aufnehmen. Kann danach die Finanzierung nicht sichergestellt werden, wird das Projekt qualifiziert abgeschlossen.

    … (3)Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die Neubaustrecke Wendungen - Ulm zeitgleich mit dem Projekt bis spätestens Dezember 2019 in Betrieb genommen werden soll.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Peter Meisel:

      Schall und Rauch

  • Bisher waren die Zahlen der S21 Gegner um Längen besser als die der hochdotierten Planer . Es müßte sich doch außerhalb des Bahnklüngels feststellen lassen wie gut die Zahlen für das Konzept der Gegner sind.

    • @conny loggo:

      Bislang versuchen die Projektbetreiber angestrengt, dieses Umstiegskonzept wegzuschweigen. Was nur teilweise gelingt, da diverse Teile des Konzepts schon jetzt als Erweiterung des Tiefbahnhof-Knotens geplant werden.

       

      Richtig gehört: der Tiefbahnhof ist noch nicht ansatzweise fertig, dennoch macht man sich schon über dessen Erweiterung Gedanken. Weil er zu klein geplant wurde.

  • Es geht nicht darum, Gelder einzusparen. Stuttgart, umgeben von Hügeln und Mittelzentren, hat keine Raumreserven, und das Bahngelände ist vom Aspekt der Stadtplanung gesehen ein Filetstück.

     

    Die eigentliche Tragik liegt darin, dass diese Chance durch phantasielose Planer und Architekten zunichte gemacht wird und der Platz zu einer weiteren Betonquader- und Glaswürfel-Wüste verkommen wird, wie man dies landauf landab feststellen muss, bestes aktuelles Beispiel das Europaviertel in Frankfurt, auch auf altem Bahngelände.

     

    Dagegen sollte man demonstrieren, nicht gegen den Raumgewinn. Die aktuellen Montagsdemos in Stuttgart sind nur alberne Amish-Folklore.

    • @Trango:

      Eine klassische Marschier-Demo ist das schon lange nicht mehr.

       

      Diese Montagsdemo ist eine prima Open-Air-Volkshochschule für Verkehrs- und Stadtpolitik. Deswegen habe ich auch die vergangenen ~250 Montage keine Einzige verpasst. Gibt's auf YouTube.

    • @Trango:

      Das stimmt wohl.

       

      Ich habe während meiner Ausbildung in der Nähe von Stuttgart gelebt und ich wüsste jetzt direkt nix, was die Stadt häßlicher machen könnte, wenn man den Kopfbahnhof einfach durch Abriß der Innenstadt in einen Durchgangsbahnhof ersetzen würde.

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @Age Krüger:

        Die Royal Air Force hatte vor längerer Zeit schon mal so einen ähnlichen Sanierungs-Vorschlag

  • Es gibt immerhin ein überzeugendes Konzept welches auch bisher erbrachte Vorarbeiten einbezieht. Dieses basiert auf einer Modifikation des Kopfbahnhofts und ist nicht nur Billiger, sondern auch noch leistungsfähiger und birgt weniger Risiken. Die Einzige Argumentation für S21 war immer "Wo käme man denn hin, wenn 20 jahre alte Pläne durch neue ersetzt würden". Dieses Festhalten an alten Plänen berücksichtigt in keiner Weise die inzwischen geänderte Fahrzeugtechnik.

    • @Martin_25:

      Die erste Konzepte haben einen reinen ICE Halt - entweder am Flughafen oder zwischen Bad Cannstatt und Nordbahnhof - vorgesehen.

       

      Ab die Landspolitik und die Stadt Stuttgart wollten ja umbedingt einen ICE Halt am Hauptbahnhof, also baut man den um damit der ICE keine Umwege fahren muß.

  • Es haben damals keine rationalen Begründungen gegen das Projekt geholfen und nun wo diese sich bewahrheiten, wird sich die Sturheit der Befürworter wohl noch verhärten. Es soll keiner glauben, dass die Vernunft regiert, wo doch die Macht viel geiler ist, und wie ließe diese sich besser demonstrieren als durch irrationale Sturheit via beschlossen ist beschlossen.