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Kolumne PressschlagYou’ll never Wok alone

Kolumne
von Markus Völker

Jetzt mischt auch der DFB im Tibet-Konflikt um die U20-Nationalelf Chinas mit – als Hüter der Meinungsfreiheit. Echt jetzt?

Politischer Protest im Regionalligastadion: Tibetaktivisten in Mainz zeigen Flagge Foto: imago/ Beautiful Sports

K lingt ja erst mal lustig, was sich die „China Ultras U20“ ausgedacht haben, zum Beispiel einen Aufkleber mit der Aufschrift „You’ll never Wok alone“. Aber dann ist auch schon Schluss mit lustig, denn das kommende Spiel von Chinas Fußballnachwuchs, der heuer gegen Mannschaften aus der Regionalliga Südwest Spielpraxis sammeln soll, entwickelt sich zum Politikum. Es geht am Samstag gegen den FSV Frankfurt und dann noch um die eigentlich banale Frage, wie weit Fans in einer Fußballarena gehen dürfen. Dürfen sie Tibet-Fahnen im Stadion aufhängen und damit die Chinesen provozieren? Spätestens jetzt ist klar: So banal ist das gar nicht.

Der erste Test mit den Tibet-Fahnen verlief am vergangenen Wochenende nicht so glücklich. Ein paar Aktivisten hatten die Flaggen im Stadion von Schott Mainz aufgehängt, woraufhin die chinesische Mannschaft auf Anweisung der Betreuer das Feld verließ, im Schmollwinkel verschwand und erst nach 25 Minuten zurück auf den Sportplatz kam. Es versteht sich von selbst, dass die Fahnen da schon wieder fein säuberlich verpackt waren.

Überraschend war, mit welcher Chuzpe und welchem Selbstbewusstsein die Gäste aus dem Reich der Mitte auf die Durchsetzung ihrer Vorstellung von korrektem Zuschauerverhalten drangen – und das mitten in der deutschen Provinz: Entweder ihr verhaltet euch wohlfeil auf den Rängen oder wir beenden das Spiel, das war die klare Ansage. Besonders höflich war das nicht, aber dem Herrn Xi in Peking wird es bestimmt gefallen haben, dass seine fernen Staatssportler so prima auf Parteilinie sind.

Doch die deutsche Demokratie ist wehrhaft, und wenn sie in Gestalt des durchdemokratisierten DFB, also des Deutschen Fußball-Bundes, daherkommt, gleich noch einmal mehr. Damit nicht der Eindruck aufkommt, man ließe sich von den Chinesen auf der Nase herumtanzen, sprach DFB-Präsident Reinhard Grindel mit Stentorstimme: „Die Meinungsfreiheit gilt auf dem Fußballplatz und neben den vier Eckfahnen. Ich würde mich freuen, wenn der chinesische Fußballverband sich auf die Chancen konzentriert, die sich durch die Spiele gegen die Regionalligisten ergeben.“

Grindels Unsinn

Wir kommen nicht umhin zu erwähnen, dass Reinhard Grindels Aussage kompletter Unsinn ist. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das schon, aber eben leider nicht in Sportarenen. Da gilt das Hausrecht, und jeder Popelverein aus Posemuckel kann im Grunde festlegen, was ihm passt und was nicht. Meist wird alles Politische konsequent ausgesperrt und nur das hereingelassen, was im breitesten Konsens gesellschaftlicher Erwünschtheit aufgeht. Stets gilt: Bloß nichts falsch machen, lieber alles Zweifelhafte einsammeln oder übertünchen oder verbieten.

Der DFB ist sehr erfahren in dieser flexiblen Interpretation von Meinungsfreiheit. Hier nur zwei Beispiele: Als der Fußballbund seine A-Auswahl im Stadion von St. Pauli trainieren ließ, wurde der Slogan „Kein Fußball den Faschisten“ einfach mal verdeckt, als schäme sich der weltgrößte Sportverband dafür. Und wenn sich ein unterklassiger Verein anschickt, mit „Nazis raus“-Shirts in der sächsischen Provinz aufzulaufen und anschließend dafür bestraft wird, dann bleibt der DFB stumm. Dass er sich jetzt als Hüter des Rechtsstaats aufmandelt, hat wohl damit zu tun, dass der Pro-Tibet-Protest nun wahrlich kein heißes Eisen ist. Wie fast jeder gegen die Abschlachtung von süßen kleinen Robbenbabys ist, so sind auch die meisten im Westen für ein autonomes Tibet und den recht putzigen Dalai Lama.

Verkompliziert wird die Lage im aktuellen Fall dadurch, dass der DFB kürzlich eine enge Kooperation mit dem chinesischen Fußballverband geschlossen hat. Da kommt der Fahnenzoff ungelegen. In Frankfurt soll am Samstag wieder so eine Tibet-Fahne im Stadion wehen. Der FSV findet das gut. Und die Chinesen? Drohen mit Spielabsage.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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2 Kommentare

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  • Vielleicht dann demnächst mal Israel-Flaggen bei Spielen türkischer oder arabischer Mannschaften testen. Oder Flaggen der schlesischen Landsmannschaft bei Spielen gegen Polen. Oder noch besser: DDR-Flaggen bei Spielen der DFB-Nationalelf.

     

    Wir erinnern uns an die Olympischen Spiele in Beijing: Die deutsche Wirtschaft betreibt weiterhin unbeirrt ihre Geschäfte mit China, aber von den Sportlern wurde erwartet, dass sie sich für Proteste gegen China funktionalisieren lassen.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      ...wenn dann die Flagge Palästinas bei einem Spiel der israelischen Nationalmannschaft, DAS hätte was.