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Der Bischof bittet um Verzeihung

Ralf Meister entschuldigt sich bei Homosexuellen

Von Ilka Kreutzträger

„Ich bitte dafür um Verzeihung.“ Ein kurzer Satz bloß, aber ein wichtiger. Landesbischof Ralf Meister hat ihn am Donnerstag bei der Synode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers gesagt: „Ich entschuldige mich für alle Diskriminierungen gegenüber homosexuellen Mitgliedern unserer Landeskirche, die in der Vergangenheit durch die Kirche selbst erfolgt sind, und bitte dafür um Verzeihung.“

Das kam doch etwas überraschend. Zwar tun mittlerweile homosexuelle Pastorinnen und Pastoren ihren Dienst in der Hannoverschen Landeskirche und seit ein paar Jahren werden gleichgeschlechtliche Paare gesegnet, wenn sich eine Pastorin oder ein Pastor findet, die oder der das nicht aus Gewissensgründen ablehnt, neu ist aber die öffentliche Entschuldigung.

„Ich habe in den letzten Jahren viele Gespräche mit homosexuellen Pastorinnen und Pastoren geführt, die mir sehr eindrücklich erzählt haben, wie ihr Weg in unserer Kirche in den letzten Jahrzehnten verlaufen ist“, sagte Meister der taz. „Jetzt war der Zeitpunkt, um noch einmal grundlegend unsere Haltung darzustellen.“

Meister ist seit März 2011 Bischof der mit rund 2,6 Millionen Mitgliedern größten Landeskirche Deutschlands und damit wird sein Wort durchaus gehört. Manche werden sich aber eher die Ohren zugehalten haben. Etwa der Bischof der benachbarten Landeskirche Schaumburg-Lippe, Karl-Hinrich Manzke, der erst eine Woche zuvor die Gleichstellung homosexueller Paare als mit dem christlichen Leitbild unvereinbar bezeichnet und die „Ehe für alle“ mit Waffenexporten verglichen hatte.

Progressiv und irgendwie elegant ist da Meister, wenn er sagt, dass menschliche Ordnungsvorstellungen, die normativ an die Auslegung der Schrift gebunden seien, eine „Begrenztheit menschlicher Vorstellungen“ offenbaren und dass die Trauung einer homosexuellen Partnerschaft „kein Mittelpunktverlust unserer Zivilisation“ sei. Für ihn stehe der Beziehungscharakter im Mittelpunkt, unabhängig davon, ob die Eheleute homo- oder heterosexuell seien.

Vielleicht schwappt ja was zu den Nachbarn rüber. Die bereits erwähnte Landeskirche Schaumburg-Lippe ist mit rund 53.000 Mitgliedern eine der kleinsten der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Segnungen homosexueller Paare sind dort auch möglich, aber die Kirchenglocken dürfen nicht läuten. Da wäre doch auch mal eine Entschuldigung fällig – und lautes Läuten.

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